ANDREAS BERGER

LIEBER VATER (HEINZ BÜTLER)

SELECTION CINEMA

Zusammen mit seinen Eltern, die eine kleine Bäckerei betreiben, ist der 13jährige Martin in eine Kleinstadt in der deutschen Provinz gezogen. Er hat Mühe, in seiner Schulklasse Anschluss zu finden, verträumt darob manche Schulstunde; ausserdem wird er zuhause des öfteren Zeuge ehelicher Streitereien und hat allen Grund, eine Liaison seines Vaters mit der Freundin eines Kunstmalers zu befürchten. In Briefen an seinen Vater teilt er ansatzweise seine Aengste, Befürchtungen, aber auch Freuden mit. Als sein Vater für einige Tage allein nach Wien verreist, beschliesst Martin, ihm nachzureisen. Das Reiseabenteuer verläuft für ihn zwar etwas anders als erwartet; das stundenlange War en in Vaters Hotelzimmer wirkt peinigend und zermürbend, doch am Schluss steht ein Bild der Geborgenheit: In versönlicher Umarmung liegen Martin und sein Vater im Hotelbett.

Es ist eine ziemlich private, intime Geschichte, die Heinz Butler in seinem nach Melzer zweiten Spielfilm erzählt, belebt von autobiographischen Erfahrungen und Wunschvorstellungen. Insbesondere im ersten Teil ist der Film allerdings recht konventionell, brav und gar bieder inszeniert im Stil gewohnter Fernsehspiele; erst im zweiten Teil werden Kamera und Schnitt etwas beweglicher, so vor allem bei Martins Hotelaufenthalt, wo sich Wirklichkeit und Phantasien vermeht vermischen.

Lieber Vater ist traditionell aufgemachtes, gepflegtes Studiokino: eine Mischung aus Melodram und Bubentraum, handwerklich gekonnt fotografiert und von routinierten Darstellern gespielt; ein Film mehr, an dem vor allem auffällt, dass nichts so richtig auffällt, dass man nirgends aneckt oder stolpert.

Andreas Berger
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
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