Fast schon ein bisschen Hollywood: Leinwandfüllend bohrt sich eine Pfeilspitze in die Dart-Schcibe, treibender Beat drängt die von pyrotechnischen Kunststücken gesäumte Geschichte voran. Vom ersten Augenblick an gibt uns Regisseur Dani Levy zu verstehen, dass er unterhaltsames Genrekino zeigen möchte, in dem der moralische Zeigefinger unten bleibt und niemandem das Büssergewand übergestreift wird. Ein zwiespältiges Unterfangen, da Meschugge einen der dunkelsten Abschnitte der deutschen Geschichte - den Holocaust und seine späten Folgen - aufgreift.
Levys Film ist denn auch weder ein Diskurs über die jüdische Identität fünfzig Jahre nach dem Völkermord, noch reflektiert er die tief sitzende Angst vor der historischen Wahrheit. Doch was ist Meschugge dann? Ein Thriller vielleicht, der zunächst rätselhafte Indizien streut: In Deutschland steht die Schokoladefabrik eines Juden in lodernden Flammen; in New York wird eine Frau erschlagen; eine Mutter reist überstürzt ab. Zurück bleiben Lena Katz (Maria Schrader) und David Fish (Dany Levy), nicht ahnend, dass über ihnen hauchdünne Faden eines unsichtbaren Netzes liegen, das sic mal auseinandertreibt, mal gefährlich nahe zusammenbringt. Die vage Idee eines vergessen gegangenen Verbrechens hängt bedrohlich im Raum.
Ein antizipierender Blickaustausch zwischen Lena und David aber bricht den eingeschlagenen Weg: Die zwei jungen Menschen sollen sich ineinander verlieben. Nun könnten sich Thriller- und Liebesgeschichte durchaus befruchten, doch die Symbiose will sich nicht einstellen: Inhaltlich und ästhetisch hin und her gerissen zwischen Europa und den Staaten, lässt Levy kaum einen dramaturgischen Kunstgriff aus, der gewagte transatlantische Spagat erschlägt sich mit endlos aneinander gereihten Zufällen selbst. So wird der bildgewaltig inszenierte Reigen schon bald zu einem Rummelplatz disparatcster Ereignisse und Genres: Es wird zwar gestohlen, doch ein Krimi will Meschugge nicht sein. Ein Paar findet sich, ein anderes verliert sich, doch handelt es sich hier nicht um ein Melodrama.
Schliesslich nimmt Meschugge Dimensionen an, in denen das Spiel der Protagonisten nicht mehr greifen kann. Wo Levys monotone Darbietung eben noch verzeihlich war, verlangen die sich überstürzenden Ereignisse nach mehr Wandlungsfähigkeit. Doch Verrat, Betrug und Trauer scheinen den als sensibel und rechtschaffen charakterisierten David nicht zu beeindrucken. Der Untergangsstimmung zum Trotz kämpft er sich zur abgründigen Wahrheit vor.
Freilich aber überläuft die Trick-, Klischee- und Lügenkiste dann vollends, wenn sich Lena und David nach rund hundert- minütigem Gerangel im blau blitzenden Polizeilicht endlich in die Arme fallen dürfen, und das Publikum deren spätere Lebensläufe mittels Texteinblendung auf der Leinwand vernimmt - frei erfunden, wie die ganze Filmhandlung.