RETO BAUMANN

USING THE THING — FUNKTION UND BEDEUTUNG DER MUSIK IN CAR WASH – EIN FALLBEISPIEL

ESSAY

You can tell where black people are at any given point in history by our music.

afroamerikanisches Sprichwort1

«Was», fragt der afro-britische Soziologe Stuart Hall in einem Aufsatz, «ist eigentlich ‹das Schwarze› in der schwarzen Pop-Kultur»?2 Was qualifiziert eine künstlerische Praxis als schwarz? Hall weist auf bestimmte Eigenheiten der Repräsentation hin, in denen Schwarze, schwarze Gemeinwesen und Traditionen erscheinen und in der populären Kultur dargestellt werden: Zu den spezifischen Figuren und Repertoires – egal, wie deformiert, vereinnahmt oder unauthentisch sie sein mögen – zählt er neben der Expressivität, der Betonung des Verbalen sowie der reichen Produktion von Gegenerzählungen vor allem die Musikalität und den metaphorischen Gebrauch des musikalischen Vokabulars. Hier habe die schwarze Populärkultur, selbst innerhalb der gemischten, widersprüchlichen und mythischen Formen der populären Mainstream-Kultur, Elemente eines anderen Diskurses an die Oberfläche gebracht – andere Lebensformen, andere Traditionen der Repräsentation. Herausgedrängt aus der logozentrischen Welt hätten die Menschen der schwarzen Diaspora zudem die Tiefenstruktur ihres kulturellen Lebens in der Musik gefunden. Damit einher geht laut Hall, dass in der populären schwarzen Kultur Stil selbst zum Subjekt des Geschehens geworden ist und mit dem Körper oft so umgegangen wird, als sei er das einzige kulturelle Kapital.

Gleichwohl ist Schwarzsein für Hall, der in den Fünfzigerjahren als junger Mann aus Jamaika nach England gekommen war, keine frei wählbare und auch keine aus sich selbst heraus gewachsene Identität. Identität ergibt sich nicht quasi naturwüchsig aus der kulturellen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, Identität leitet sich erst mal vielmehr aus dem ab, was man nicht ist. Man ist schwarz, weil man nicht weiss ist. Identität bedeutet daher vor allem, von anderen als anderer identifiziert zu werden. Sie ist eine Zuschreibung, die man nicht selbst bestimmt. In einem zweiten Schritt umfasst Identität dann den Prozess, sich innerhalb dieser Positionierung eine eigene Position zu schaffen – sich zu identifizieren. Entscheidend ist für Hall, diesen Identifikationsprozess als einen offenen zu begreifen, der Positionen hervorbringt, die nicht zeitlos gültig sind, aber doch von Dauer sein können. So wie «schwarze Identität» nicht als vollendete historische Tatsache zu verstehen ist, die erst danach durch neue kulturelle Praktiken repräsentiert wird, sondern als eine, die sich stetig und unaufhörlich in Produktion befindet, und sich innerhalb, nicht ausserhalb der Repräsentation konstituiert, so besteht das Schwarzsein als politische Identität für Hall darin, Identität in der Differenz zu leben, anzuerkennen, dass alle aus vielen sozialen Identitäten, nicht aus einer einzigen zusammengesetzt sind. Deshalb plädiert er nachdrücklich dafür, die Aufmerksamkeit auf die Verschiedenheit schwarzer Erfahrung zu legen, auch weil es in der schwarzen populären Kultur – da von den afrikanischen Ursprüngen wie den Bedingungen der Diaspora gleichzeitig und gleichermassen beeinflusst – überhaupt keine reinen Formen gebe. Immer seien diese Produkt einer partiellen Synchronisierung, eines Zusammenfliessens von mehr als einer kulturellen Tradition und des Aushandelns dominanter und subordinierter Positionen. Der Signifikant «schwarz» im Begriff «schwarze populäre Kultur» repräsentiert also das Zeichen der Differenz innerhalb dieser Kultur. Wenn Hall die zugeschriebene schwarze Andersartigkeit bekämpft und für eine Politik des Kulturellen und der Identität eintritt, in der die gemeinsamen Erfahrungen und nicht die Vorfahren betont werden, so tut er dies aus Überzeugung, dass eine schwarze Essenz gar nicht existiert.

Hall schlägt vor, den Zusammenhang zwischen Vergangenheit und Gegenwart als imaginäre Rekonstruktion zu verstehen, und dies trifft insbesondere auf den Film zu.

I have been trying to speak of identity as constituted, not outside but within representation; and hence of cinema, not as a second-order mirror held up to reflect what already exists, but as a form of representation which is able to constitute us as new kinds of subjects, and thereby enable us to discover who we are. Communities [...] are to be distinguished, not by their falsity/genuineness, but by the style in which they are imagined. This is the vocation of a modern Caribbean cinema: by allowing us to see and recognize the different parts and histories of ourselves, to construct those points of identification, those positionalities we call «a cultural identity».3

Wenn also, wie Hall behauptet, die Tiefenstruktur des kulturellen Lebens der schwarzen Diaspora in der Musik zu finden ist und sich deren Kino – von Hall in diesem spezifischen Fall «karibisches Kino» genannt4 – das eigene Bild im eigenen Style immer wieder neu imaginiert, dann ist anzunehmen, dass die Musik dabei eine gewichtige Rolle einnimmt, mitunter gar selbst die tiefere Struktur des Films verkörpert.

Als Beispiel soll Michael Schultz’ Car Wash (USA 1976) dienen, eine seltsame Hybride aus Mainstream- und Independent-Kino, die verschiedene Identitäten zulässt – in einer spielerisch-parodistischen, durchaus cleveren, jedoch zugleich bewusst stereotypisierenden, populären und widersprüchlichen Art, und deren Form, Bewegung und Gefühlslandschaft komplett von der Musik diktiert sind.5 Richard Dyer spricht gar von einem schwarzen Musical.6 Narration, Charaktere und Dialoge in Car Wash sind um die Disco-Radiostation KGYS herum gruppiert, welche die Autowaschanlage in Los Angeles beschallt, deren mehrheitlich schwarzes Personal wir einen Tag lang begleiten. Mit einer Ausnahme sind die musikalischen Nummern – um Dyers MusicalIdee aufzunehmen – diegetisch zuordenbar: Entweder stammt die Musik aus dem Radio, oder sie wird von den Charakteren gespielt, beispielsweise wenn Floyd und Lloyd den anderen ihren Show-Akt mit Gesang und Stepptanz vorführen oder wenn Duane/Abdullah für sich in der Mittagspause Saxofon spielt. Es ist jedoch nicht die diegetische Motivation der Nummern, die für Dyer Car Wash von einem «weissen» Musical unterscheidet – vielmehr liegt die Differenz in der Bedeutung der Nummern für die Narration und dem Stellenwert, den die Musik im Leben der Charaktere einnimmt. Die im Musical des klassischen Hollywood vorherrschende Dialektik von Narration und Nummer, von Zwang und Befreiung, fehlt, gerade Letztere scheint nicht möglich. Hier werden die «realen» Probleme des Alltags in der imaginierten Welt, den Nummern, keineswegs in ihr Gegenteil verkehrt. Hier steht der von Entbehrungen geprägten Welt keine idealisierte gegenüber. Der Nachdruck auf dem Unterschied zwischen dem, was ist, und dem, was sein könnte, fehlt gänzlich. Insofern ist die Musik in Car Wash nicht Trägerin einer Utopie, sondern dient den Charakteren vielmehr als spielerisches Mittel zur Alltagsgestaltung oder Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit auszudrücken. Sie können– wann immer dies nötig ist, wann immer sie wollen – stets auf die Musik zurückgreifen. Mit dem Abtauchen in die und dem Wiederauftauchen aus der Musik ist nicht die stereotype Konstruktion schwarzer Musikalität gemeint («Alle Schwarzen haben den Rhythmus im Blut»), vielmehr der aktive Umgang mit der Musik. Dies verbindet die Menschen ebenso, wie sie durch die Musik selbst verbunden werden. Was wiederum durchaus eine gesellschaftspolitische Note hat. Dass dabei eine Radiostation das musikalische Zentrum einnimmt, ergibt für einen schwarzen Film ebenfalls Sinn. Wie Nelson George schreibt:

Radio has historically been so intimately connected with the consciousness of blacks that it remained their primary source of entertainment and information well into the age of television. Even in today’s VCRand CD-filled era, black radio plays a huge role in shaping black taste and opinion – when it remembers its black audience.7

In seinem Aufsatz «Repetition as a Figure of Black Culture»8 argumentiert James A. Snead, dass die europäisch geprägte Kultur dazu tendiert, Linearität zu betonen, Wiederholung und Zirkularität hingegen zu verschleiern. In der schwarzen Kultur hätten Letztere jedoch einen festen Platz: «In European culture, repetition must be seen to be not just circulation and flow but accumulation and growth. In black culture, the thing (the ritual, the dance, the beat) is ‹there for you to pick it up when you come back to get it›.»9 Es ist genau dieses Prinzip, das Car Wash strukturiert. Anders als im klassischen HollywoodMusical sind die Wiederholungen in Form von Reprisen keineswegs speziell in den Vordergrund gerückt, etwa um eine Veränderung in der Narration anzuzeigen oder um das Signal zum Schluss der Show zu geben, wenn in einem Medley die vorangegangenen Nummern im grossen Finale nochmals angespielt werden, um letztlich in einer Zusammenführung aller Paare zu enden. Vielmehr folgen die Wiederholungen in Car Wash einem weitaus weniger formalen Prinzip: Sie sind nicht laufend mit Getöse angezeigt, sie kommen einfach dauernd vor. In Car Wash gilt die Disco-Dance-Radiostation KGYS als the thing: Sie ist ununterbrochen auf Sendung – wenngleich wir sie nicht immer hören, so sind wir uns dessen sicher –, mitunter wird dieselbe Musik, werden dieselben Sprüche wiederholt. JB, der erste der DJs, spricht gar davon, dass die Musik nicht einfach Hintergrundmusik ist, sondern dass sie vielmehr in den Köpfen der Zuhörer rumspukt: «The JB is here, rappin’ in your ear / The JB’s not on your radio / Your radio’s not really on.»

Die Figuren des Films bedienen sich des thing und lassen es wieder liegen. Genau so verfährt auch die Narration. Einmal tauchen die Charaktere förmlich in den Soundtrack ein: Mr. B, der weisse Besitzer der Waschanlage, beschwert sich bei der weissen Kassiererin Marsha über die Musik: «You’d think just once they’d wanna hear Frank Sinatra, Perry Como.» Von Marsha ermuntert, sucht er schliesslich einen Radiosender mit Musik nach seinem Gusto. Die Reaktion der schwarzen Arbeiter: Erst lauter Protest, danach arbeiten sie unvermittelt in Zeitlupe weiter. Die Musik erfüllt also für sie auch die Funktion, die Maschine am Laufen zu halten: Fehlt die richtige Musik, dann leidet die tägliche Arbeit. Umgekehrt bewegt sich in der Szene, in der das Titelstück erstmals erklingt, die gesamte Belegschaft beim Arbeiten im Takt zur Musik: Floyd und Lloyd üben ihre Kabarettschritte, während sie die Dampfspritze führen; Hippo schüttelt seinen Wabbelkörper und Lindy seinen Hintern, während sie sich in den Wagen lehnen, um Staub zu saugen; Geronimo wiederum tanzt mit dem Lappen in der Hand um den Wagen herum einen Boogie. Auf diese Form der Bricolage,10 bei der alltägliche Gegenstände zu Teilen der Performance werden, wird im Abspann zugespitzt Bezug genommen: Der Radio-DJ stellt alle Arbeiter als Mitglieder einer Musikgruppe vor, wobei die Arbeitsutensilien direkt als Instrumente präsentiert werden: «Dig the players on the session: blowing on steam guns, Floyd and Lloyd – Darrow Igus and De Wayne Jessie; sucking it up on the vacuum, Hippo – James Spinks – and Lindy – Antonio Fargas.»

Die Musik dient den Figuren in Car Wash auch als Vermittlerin von Gefühlen. Als beispielsweise die Prostituierte Marlene einen vermeintlichen Freund anruft, flüstert sie parallel zum eben im Radio laufenden Stück dessen Text («I’m gonna die, Baby, my whole world stops») und antizipiert so den weiteren Verlauf – der so genannte Freund hat ihr eine falsche Nummer gegeben. TC, der die Radiosendungen am aufmerksamsten verfolgt (weil er bei einem Erkenn-die-Melodie-Wettbewerb Freikarten für ein Konzert gewinnen will, um Mona auszuführen, die Serviererin des gegenüberliegenden Restaurants), nutzt einmal die Liedzeilen von I Wanna Get Next to You, um seinen Schwarm zu überzeugen: Indem er den Text synchron zum Song spricht, bedient er sich des thing, um seine Gefühle auszudrücken und um sich sein Date zu sichern.

Wie komplex Car Wash die Musik für die Zwecke der Narration nutzt, zeigt sich anhand von I Wanna Get Next to You sehr deutlich. TC beschwört zu dessen Klängen Mona, Hippo starrt dabei sehnsüchtig Marlene an, während Charlene den Koffer ihres Freundes Scruggs aus dem Wagen wirft und die Kassierin Marsha sich für ihr Date mit dem Kunden Kenny bereitmacht. Sind all diese Leute durch den sehnsüchtigen Soul-Song verbunden, so unterscheiden sich die jeweiligen Verhältnisse stark: Während die Romanze von TC und Mona dem Geist des Stücks entspricht, so hat Hippo für eine Affäre mit Marlene zu bezahlen. Charlene wiederum weist Scruggs zurück, und die Beziehung von Marsha zu Kenny bleibt offen: Wir hören zwar ein Hupgeräusch, als sie die Waschanlage verlässt, was vermuten lässt, dass er auf sie wartet, aber wir sehen nicht, wie sie zu Kenny ins Auto steigt. Bild und Musik unterstützen sich gegenseitig, wenn wir zu den Liedzeilen «Dreams of you and I go sailing by» Marlenes Beine mit Hippos Augen sehen und sie seinen Blick zu «whenever your eyes meet mine» erwidert, bevor sie sich zu «you’re so good» verächtlich abwendet. Als es weiter heisst «... and girl, you make me feel so ...», zoomt die Kamera auf Hippo, der nach dem «so» genüsslich in einen Hamburger beisst. Bild und Musik sind derart zusammengeschnitten, dass die Gefühle der Charaktere ebenso direkt wie mehrdeutig an die Musik gebunden sind. Die Verbindung ist zugleich buchstäblich (Blickkontakt und Hunger sind zusammen visualisiert), expressiv (die Intensität von Hippos Verlangen), ironisch (Romantisieren der Klient-Prostituierten-Beziehung seinerseits) und widersprüchlich (ihre Verachtung versus das Hymnisch-Anhimmelnde des Liedes). Solch verschiedenartiges Zusammenspiel von Ton und Bild zieht sich konsequent durch den ganzen Film.

In der zuvor erwähnten Car Wash-Sequenz etwa entsprechen Tempo und Phrasierung der Musik exakt den Aktionen im Bild – jedem Wechsel in der Musik folgt ein Bildschnitt –, und wenn es gegen Ende des Stücks zum instrumentalen Zwischenteil kommt, als TC durch eine Windschutzscheibe Mona erblickt, so lässt sich das aufreizend-funkige Bassspiel ebenso direkt TCs Gefühlslandschaft zuordnen wie der Umstand, dass Monas Gang – mit TCs Augen gesehen – leicht verlangsamt gezeigt ist und auch dadurch besonders aufreizend wirkt. Das Lied Put Your Money Where Your Mouth Is wiederum begleitet Hippo, der ohne Worte sein geliebtes Radio für die Liebesdienste von Marlene hergibt, Irwin, der den Arbeitern Mao vorliest, Mr. B, der sich bei Marsha beklagt, dass die Geschäfte nicht gut laufen, sowie die Konfrontation zwischen Lindy und Abdullah, wobei Lindy Letzteren mit den Worten «Is the only thing you’re good at shooting off your mouth?» provoziert – dies sind alles Variationen von unterschiedlich gelagerten Geld-Beziehungen oder von «billiger» Rede – «talk is cheap» heisst es im Song einmal, durch Bläser prominent markiert. Zig Zag wird eingeführt als Lied «für alle Surfer da draussen, von Malibu bis Newport Beach», begleitet dann aber bloss Calvin beim Skateboarden – bis er, parallel zur Klimax der Musik, vom Brett fällt.11

Auch das Schwatzen der KGYS-Moderatoren ist immer wieder mit dem Bild verzahnt. Etwa wenn der schwergewichtige Hippo morgens mit seinem kleinen Moped zur Waschanlage tuckert, während der Moderator von kalorienarmen Substituten erzählt. Oder wenn Goody sich an Chuko für dessen Streich an Marsha rächt – die Schelte hat nämlich er eingefangen –, indem er in Chukos Sandwich Tabascoschoten stopft, wird der folgende Song am Radio eingeleitet mit «Let’s see if this goodie is hot enough for you».

Sowohl für die Charaktere wie für den Film ist KGYS ständiger Bezugspunkt. Die repetitive Struktur suggeriert eine Zirkularität, die auch viele der narrativen Fäden charakterisiert. Während mehrere Figuren keine erzählerische Entwicklung durchmachen, so präsentieren sich die Dinge für jene, bei denen eine solche auszumachen ist, am Ende gleich wie am Anfang: Loretta, die sich Justin zurück an die Schule wünscht, bricht zwar erst mit ihm, kommt aber am Ende doch zurück; die Prostituierte Marlene hofft, durch Joe ihr gegenwärtiges Leben hinter sich lassen zu können, ist zum Schluss jedoch so einsam wie zuvor; Irwin, der sich unbedingt mit den Arbeitern identifizieren will, wird schliesslich in die Fussstapfen des Vaters treten; dem ehemaligen Häftling Lonnie, von Mr. B mit dem Öffnen und Abschliessen der Waschanlage betraut, wird, als er am Ende das Gespräch mit seinem Chef sucht, einmal mehr beschieden, dass der Zeitpunkt gerade ungünstig sei. Andere Erzählfäden enden ungelöst oder zwiespältig: Wird das Vortanzen, zu dem sich Floyd und Lloyd am Abend verabschieden, den Durchbruch des Duos bringen? Wird Kenny für Marsha da sein? Werden TC und Mona am gemeinsamen Konzert zusammenfinden, und wenn ja, wieso sollte die Beziehung diesmal von dauerhafterer Natur sein – schliesslich gingen sie schon früher miteinander aus? Wieso sollte Mr. B sein Versprechen diesmal halten? Die tatsächlichen Veränderungen sind nur negativ: Hippo ist seinen geliebten Radio los; Scruggs verschwindet allein mit dem Koffer, den Charlene ihm vor die Füsse geworfen hat; Abdullah ist gefeuert und wird, als er am Ende aus Rache die Tageseinnahmen der Waschanlage stehlen will, von Lonnie dabei überrascht.

Im Kontext der schwarzen Literatur schlägt Blyden Jackson vor, dass in «the typical Negro novel, after all the sound and fury dies, one finds things substantially as they were when all the commotion began».12 Solch zeitliche Zirkularität ist laut Jackson ausserdem mit der räumlichen Gebundenheit in den afroamerikanischen Erzählungen verknüpft: «All Negro fiction tends to conceive of its physical world as a sharp dichotomy, with the ghetto as its central figure and its symbolic truth, and with all else comprising a non-ghetto which throws into high relief the ghetto itself as the fundamental fact of life for Negroes as a group.»13 In anderen Worten: Schwarze können ihre Situation nicht verändern. Dies gilt auch für Car Wash. Wir sehen Figuren, wie sie abends nach ihrer Arbeit die Waschanlage verlassen, aber wir wissen, dass sie anderntags wieder hier stehen; dank Lonnie wird vielleicht auch Abdullah zurückkommen können. Die Kunden der Waschanlage dagegen halten nur zwischendurch auf dem Weg vom einen Ort zum andern, und sie sind alle weiss.14

Der Film zieht, um auf Halls Bemerkung bezüglich der ausgeprägten Körperkultur der schwarzen Diaspora zurückzukommen, auch auf einer anderen Ebene eine explizite Trennlinie zwischen Weiss und Schwarz: Während Weisse mit Körperausscheidungen nicht umgehen können, begegnen ihnen Schwarze gelassen. Der Weisse Scruggs hat einen einzigen One-Night-Stand, und schon juckt sein Penis – Geronimo gibt ihm wortreich Rat. Miss Beverly Hills schafft es gerade rechtzeitig anzuhalten, bevor ihr Sohn den Wagen vollkotzen könnte; kaum hat sie das Auto in der Waschanlage reinigen lassen und sich über einen kleinen Flecken auf der Tür lauthals beschwert, übergibt sich der Sohnemann doch noch. Der Mann, den TC und Hippo fälschlicherweise für den verrückten Soda-Flaschen-Bomber halten, von dem im Radio die ganze Zeit die Rede ist, braucht seine Flasche, wie sich herausstellt, lediglich für eine Urinprobe – als die Pulle nach einer turbulenten Verfolgungsjagd auf den Boden fällt und zerspringt, sagt Charlie zu Lonnie nur: «I just don’t understand white folks.» Marlene wiederum entgegnet Miss Beverly Hills, als diese sich über das billige Parfüm auf dem WC beschwert: «It’s supposed to smell, lady, it’s a toilet!» Diese symbolische Opposition zwischen Schwarzen und Weissen meint zweierlei: Erstens, dass Schwarze in Kontakt mit ihrem Körper stehen und Weisse diesbezüglich verklemmt sind. Zweitens aber auch: Schwarze sind nichts mehr als ihr Körper. So wie die musikalischen Nummern nicht den Alltag suspendieren, die Probleme der Figuren nicht lösen und die Erfahrungen der Musik zu keinen fundamentalen Veränderungen der Situation führen, so hilft auch das Motiv der Körperausscheidungen mit, dass Car Wash auf narrativer wie symbolischer Ebene zugleich Zirkularität und Stillstand, Kontinuität und Repetition suggeriert: Der ständigen Wiederkehr des Themas steht der Status quo entgegen. Was wir sehen, sind Variationen des immer Gleichen.

Car Wash steht keineswegs alleine da, wenn es um den Gebrauch des thing geht. Der Film ist nur ein besonders konsequentes Beispiel dafür. Als frühes Exempel lässt sich etwa Dudley Murphys Kurzfilm St. Louis Blues (USA 1929) anführen. Zur Promotion der gleichnamigen Schallplatte gedacht, ist St. Louis Blues der einzige Film der schwarzen Jazzgrösse Bessie Smith, und im Grunde handelt es sich um einen 17 Minuten langen Vorläufer des Videoclips. Erzählt wird die Geschichte von Bessie, die ihren treulosen Ehemann Jimmy in den Armen einer anderen Frau erwischt. Nach einem kurzen Handgemenge wirft Bessie die Frau hinaus und bittet Jimmy, doch bei ihr zu bleiben. Trotzdem verlässt er Bessie, worauf diese, am Boden kniend und ein Glas Gin in der Hand, ihren St.-Louis-Blues singt. «My man has got a heart like a rock ...» Nach einem Schnitt (via Schwarzblende) sitzt sie singend in einem Nachtklub am Tresen, ein Glas Gin in der Hand. Eine Band begleitet den Song, und Gäste stimmen mit ein, geben den Chor zum Solo, wobei unklar bleibt, ob Bessie für die andern eine Show gibt oder ob sie sich einfach ihre Sorgen vom Leib singt, ob sie also die Jazzsängerin Bessie Smith oder schlicht die verlassene Bessie ist. Der Song endet, als Jimmy den Klub betritt, vermutlich Tage, vielleicht auch nur Stunden oder aber gar Monate, nachdem er sie verlassen hat. Es kommt zur kurzen Wiedervereinigung, doch nachdem er Bessie bestohlen und sich erneut aus dem Staub gemacht hat, nimmt sie das Lied wieder auf, in Grossaufnahme und aus dem Off begleitet von einem Chor. Das Lied ist das, was immer da ist, sowohl für Bessie (Smith) als auch für den Chor im Film und für das Kinopublikum. Indem klare Raumund Zeitkoordinaten verwischt werden – betont wird der endlose Kreislauf vom Missbrauch der Liebe –, konstruiert der Film sowohl den Blues wie Bessie als Star und die schwarze Kultur als zyklisch geprägt.15

In House Party (Reginald Hudlin, USA 1990) ist Hip-Hop- und FunkMusik jederzeit verfügbar. Alle für den Film zentralen jungen schwarzen Männer sind imstande, einen Rap zu improvisieren, wann immer es nötig ist. So drücken Kid und Play an einer Party ihre Freundschaft durch Rivalität im Rappen aus. Kid, der später für kurze Zeit im Gefängnis landet, hält seine Zellengenossen mit einem Rap davon ab, ihn zu vergewaltigen. Darin unterscheidet sich der Film von «weissen» Musicals, wo die Charaktere zwar ebenfalls in einem Song aufgehen, dies aber kein immer wiederkehrendes Moment in ihrem kulturellen Leben darstellt. Wenn die Jungs in House Party aus Freundschaft oder zur Verteidigung rappen, dann arbeiten sie mit der Musik, die sie andauernd hören.

Das Eingetauchtsein in die Musik, die enge Verbindung der Menschen zur Musik, deren Verfügungsgewalt über die Musik kann sich auch auf einer abstrakten Ebene äussern, so zum Beispiel, wenn sich House Party plötzlicher Musik-Schnipsel bedient, die nicht in der Diegese verortbar sind, aber eindeutig dem kulturellen Modus der Charaktere entsprechende Gefühle ausdrücken. Als Kid einmal von der Schule nach Hause kommt – begleitet von einem Hip-Hop-Beat – und im Briefkasten tastend nachschaut, ob die Direktion seinem Vater bereits eine Notiz wegen seiner Pausenschlägerei hat zukommen lassen, wird Kids rhythmisch-hektische Suchbewegung mit der Hand von einem typischen Funk-Gitarrenriff simuliert – es ist dem ständig gegenwärtigen Hip-Hop-Stück entwachsen und markiert zugleich dessen Ende. Denn als Kid die Haustür öffnet, beginnt ein anderes Regime, «seine» Musik muss in den Hintergrund treten. Die Alten sind nämlich mehr für Soul, wie ein Running Gag des Films betont: In jeder Wohnung läuft, schauen die älteren Semester fern, dieselbe TV-Werbung für ein Best-of-Soul-Album. Während die Jungen durch Funk und Rap verbunden sind, gehört der Elterngeneration der Soul. Die kulturelle Identität der Menschen wird durch Musik bestimmt.

Wie lebendig Musik in diesem Universum mitunter sein kann, zeigen zwei andere Beispiele aus House Party: Wenn sich der P-Funk-Musiker George Clinton (Funkadelic, Parliament) in einer kleinen Nebenrolle als DJ an einem mittelständischen Gartenfest verdingt und Platten aus dem Koffer zupft mit der Ankündigung «here’s another dusty one for your dusties», um unvermittelt Staub von der Platte zu blasen, bevor er die Nadel aufs Vinyl setzt, oder wenn die Jugendlichen an ihrer Party zu Plays Rap den Chor «Da roof is on fire. We don’t need no water. Let the motherfucker burn» geben, während sich böse Jungs daran machen, das Haus anzuzünden, dann sind dies nicht nur schöne Beispiele für das so genannte Signifyin(g),16 bei der die Musik die Funktion von Kommentar oder Dialog übernimmt. Die Musik wird auf leichte Art sehr ernst genommen und kann Dinge bewirken.

Letztlich gelten aber auch für St. Louis Blues und House Party Blyden Jacksons Ideen von der Gleichzeitigkeit von Zirkularität und Stillstand sowie von Kontinuität und Repetition: In St. Louis Blues wird suggeriert, dass Bessie immer wieder zu ihrem Mann zurückkehrt. In House Party trifft Kid zwar die Entscheidung, Sidney Sharane vorzuziehen, aber der Kreislauf Partyfeiern – Vom-Vater-mit-dem-Gürtel-geschlagen-Werden, weil er zu spät nach Hause kommt, bleibt bestehen. Eine Vision von Veränderung existiert in allen erwähnten Filmen nicht, und wenn, dann bleibt sie uneingelöste Fantasie. Während von Dingen erzählt wird, die unveränderbar sind, weist der repetitive Gebrauch der Musik doch darauf hin, dass die Dinge fortwährend in Bewegung bleiben. Ein spannungsgeladenes Paradox. Das in einem anderen Film, Spike Lees Do the Right Thing (USA 1989), in eine Eskalation mündet. Radio Raheem, eine der zentralen Figuren, ist immer mit seinem Ghettoblaster zu sehen, aus dem immer dieselbe Musik dröhnt: Fight the Power von Public Enemy. Im Unterschied zu Mister Señor Love Daddy, dessen Radio eine ähnliche Funktion einnimmt wie KGYS in Car Wash und der eine grosse Bandbreite traditioneller wie aktueller schwarzer Musik spielt, ist Radio Raheem einzig auf seine Band und sein Stück fokussiert. Er nutzt die Musik zur Konstruktion seiner Identität So fordert er die Latin hörenden Puertoricaner erfolgreich zum Ghettoblaster-Duell heraus und weigert sich, seine Musik in Sals Pizzeria leiser zu drehen. Was zum finalen Streit führt, bei dem Radio Raheem stirbt – für seine Musik, für deren Promotion, dafür, was Musik für seine Identität bedeutet.

Zitiert in Nelson George, The Death of Rhythm & Blues, New York 1988, S. xvi.

Stuart Hall, «What Is This ‹Black› in Black Popular Culture?», in: Gina Dent (Hg.), Black Popular Culture: A Project by Michele Wallace, Seattle 1992, S. 21–33. Ü. d. Vf.

Stuart Hall, Cultural Identity and Cinematic Representation, in: Houston Baker, Jr. / Manthia Diawara / Ruth Lindeborg (Hgg.), Black British Cultural Studies: A Reader, Chicago 1996, S. 221.

Explizite Filme erwähnt Hall nicht, zu vermuten ist, dass er vor allem vom so genannt unabhängigen schwarzen Kino spricht, von Filmemachern, die ihre Kunst mit politischem und kulturellem Engagement verknüpfen. Jedenfalls interessiert ihn am «Caribbean cinema» sowie an den «emerging cinemas of Afro-Caribbean blacks in the ‹diasporas› of the West» hauptsächlich deren Impetus, kulturelle Identität und die Praxis der Repräsentation zur Disposition zu stellen. Gleichwohl betrifft sein Wunsch nach einem Kino, das plurale Identitäten zulässt, das schwarze Kino generell. Ebd., S. 210. – Zum schwarzen Film existiert nach wie vor verhältnismässig wenig (befriedigende) Theorie. Entweder treten Konzeptualisierung und Analyse hinter die Beschreibung individueller Strategien zurück, oder es werden Passepartout-Definitionen erstellt, gemäss denen ein Film «schwarz» ist, sobald ein schwarzer Produzent, Regisseur, Schreiber oder Schauspieler involviert ist oder das Werk ein schwarzes Publikum anspricht oder von der Erfahrung schwarzen Lebens erzählt (siehe z. B. Thomas Cripps, Black Film as Genre (Bloomington/London 1979, S. 3). Gladstone Yearwood wiederum begreift in Black Cinema Aesthetics: Issues in Independent Black Filmmaking (Ohio 1982) das «black cinema» als ein Kino der Differenz und zwar unter dem Aspekt der Rekodierung der von der Filmindustrie perpetuierten Standards. In jüngerer Zeit ist das alte Konzept der Repräsentation (Kampf um Zugang zum System der Repräsentation und der Angriff auf die marginalisierenden, stereotypisierenden und fetischisierenden Darstellungen Schwarzer mittels eines «positiven» Gegenbildes) einem diskursiveren Verständnis gewichen. So erlaubt es Stuart Halls Emphase auf der Politik der Repräsentation immerhin, unterschiedliche Strategien des afroamerikanischen Kinos und seiner kritischen Rezeption epistemologisch einzuordnen. Was bleibt, ist die Unmöglichkeit, «blackness» essenzialistisch-ontologisch zu definieren. Das «black» in «black cinema» ist weniger deklarative Selbstbezeichnung, es ist vielmehr Definition der gesellschaftlichen Mehrheit, der die Hautfarbe der Filmemacher als verbindendes Merkmal zur Prägung des generalisierenden Begriffs genügt.

Als Car Wash 1976 vom Multi Universal produziert wurde, war die BlaxploitationWelle längst am Abebben. Zwar führt Darius James den Film in seinem Standardwerk That’s Blaxploitation! Roots of the Baadasssss ’Tude (Rated X by an All-Whyte Jury) (New York 1995) noch als Vertreter des Genres (S. 127), nimmt man jedoch die Formel des gemeinhin als Modell für Blaxploitation geltenden Sweet Sweetback’s Baadasssss Song (Melvin Van Peebles, USA 1970) zum Mass – ein hoch sexualisierter Schwarzer beantwortet Gewalt mit Gegengewalt und besiegt ein korruptes weisses Establishment –, wäre Car Wash eindeutig nicht Blaxploitation zuzuordnen. Gleichwohl ist Car Wash von Blaxploitation nicht ganz loszulösen. Auch dieser Film lässt sich als identitätsstiftendes B-Kino bezeichnen. Auch dieser Film zielt auf ein junges, urbanes, (vor allem männliches) schwarzes Publikum, macht jedoch zugleich Angebote an eine weisse Zuseherschaft (zwar keine Gewalt und nur mässig Sex, aber viel Style und Musik). Auch dieser Film spielt in einer schwarzen neighborhood in einer Inner City (hier: L. A.). Auch dieser Film funktioniert über eine bestimmte Körperpolitik und als sinnliche Kombination von Bild und Musik. Zudem spielt Car Wash auf ironische Art mit Stereotypen von Blaxploitation: TC etwa trägt einen mustergültigen Afro und träumt davon, der erste schwarze Superheld zu sein. Der Schauspieler Antonio Fargas wiederum, der in vielen BlaxploitationFilmen den Kleinganoven gegeben hat, dessen Scheitern von vorneherein klar scheint, der aber immer noch versucht, seine Würde zu behalten, verkörpert hier – ebenfalls mit sehr viel Würde – die tuntige Lindy. Wenn Phyllis R. Klotman und Gloria J. Gibson Regisseur Michael Schultz zu den Hollywoodianern unter den schwarzen Regisseuren zählen (Dictionnaire de 36 cinéastes noirs américains, in: Mark Reid et al. (Hgg.), Le cinéma noir américain, Préfaces de Melvin Van Peebles et Michel Fabre, CinémAction No. 46, 1988. S. 185–192, v. a. S. 187.), so hat dies erstens damit zu tun, dass Schultz schon früh wenig Berührungsängste zum (weissen) Establishment und zum Populären gezeigt hat – Schultz war 1969 der erste schwarze Regisseur am Broadway (Does a Tiger Wear a Necktie?, für den Tony nominiert) und drehte auch mehrere Episoden für TV-Serien wie Barretta und The Rockford Files –, zweitens, dass er sich konventionalisierten Hollywood-Erzählmustern nie verschlossen hat. Gleichwohl hat Schultz innerhalb dieses Rahmens schwarze Rollenmuster und Bilder immer wieder hinterfragt.

Richard Dyer, «Is Car Wash a Musical?», in: Manthia Diawara (Hg.), Black American Cinema, New York / London 1993. S. 93–106.

George (wie Anm. 1), S. xv.

James A. Snead, «Repetition as a Figure of Black Culture», in: Henry Louis Gates, Jr. (Hg.), Black Literature and Literary Theory, New York / London 1984. S. 59–79.

Snead 1984, S. 67.

Zur Technik der Bricolage vgl. Jane Feuer, The Hollywood Musical, London2 1993, S. 3–7.

Was insofern Sinn ergibt, als wir die Szene aus Irwins Blickwinkel sehen und die Musik den Puls der Aktion aufnimmt, zugleich aber Irwins Assoziationen widerspiegelt: Gemeinsam mit Irwin antizipieren wir so Calvins Sturz.

Blyden Jackson, «The Negro’s Image of His Universe as Reflected in His Fiction» in: ders., The Waiting Years: Essays on American Negro Literature, Baton Rouge 1976. S. 92–102. (Erstveröffentlichung 1960, Zitat auf S. 100.)

Ebd, S. 95.

Abgesehen vom dubiosen Prediger Daddy Rich und seiner Entourage, die durch ihre auf Geld basierende Religion aus dem schwarzen Ghetto gefunden haben. Dass im Zusammenhang mit Daddy Rich das einzige Mal eine musikalische Nummer den Konventionen des klassischen Hollywood-Musicals entspricht, indem (ohne dass es durch die Handlung zwingend motiviert wäre) ein äusserer Reiz die Figuren zum Musizieren und Singen animiert, ergibt insofern Sinn, als Richs Ambition der weissen Lebenswelt gilt.

Die Liste schwarzer Musikerinnen und Musiker, die in Filmen – als zumeist tragende Figur – auftreten, um ihre eigenen Lieder zu singen, ist lang. Neben Bessie Smith wären unter anderen zu nennen: Curtis Mayfield in Superfly (Gordon Parks, USA 1972); Jimmy Cliff in The Harder They Come (Perry Henzell, Jamaika 1973); Run-DMC, Kurtis Blow und Sheila E. in Krush Groove (Michael Schultz, USA 1985), Kid’n’Play, George Clinton und Full Force in House Party (Reginald Hudlin, USA 1990), Nathaniel Hall (Jungle Brothers) in Livin’ Large (Michael Schultz, USA 1992). Dabei werden die Stars meist eingeführt als Teil der fiktiven «community», aus der sie bisweilen heraustreten und zur Starperson werden, ehe sie sich wieder in die «community» einfügen.

Der spezifische Gebrauch des Englischen des schwarzen Amerika basiert auf dem Misstrauen gegenüber dessen Bedeutung, und entsprechend weicht die vertikale Signifikation einem horizontalen Signifyin(g), das das Dehnen, Parodieren, Infragestellen von sprachlichen Zeichen vor allem in sozialen Situationen unter Männern in den Mittelpunkt der schwarzen Folklore stellt. Entscheidend ist bei der figurativen und implikativen Rede des Signifyin(g), dass stets das ganze Diskursuniversum mitgedacht wird. Denn die scheinbare Bedeutung der Äusserung unterscheidet sich von der eigentlichen; sie spielt bloss auf die tatsächliche Bedeutung an. Siehe dazu Henry Louis Gates, Jr., The Signifying Monkey: A Theory of African-American Literary Criticism, New York / Oxford 1988.

Reto Baumann
geb. 1970, befindet sich auf der Zielgeraden seiner filmwissenschaftlichen Liz-Arbeit an der Universität Zürich und ist daneben als Sport - und Filmredaktor bei der WochenZeitung tätig. Zudem arbeitet er als Ko-Autor an einem Dokumentarfilm über Jo Siffert. Lebt in Zürich.
(Stand: 2018)
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