JÖRG HUBER

ZUR IDEOLOGIE DER SELBSTRECHTFERTIGUNG VON ZENSUR — DAS KINO ALS «MORALISCHE ANSTALT»

CH-FENSTER

Der Film Die Erschiessung des Landesverräters Ernst S. von Richard Dindo und Niklaus Meienberg erregte die Gemüter in der Schweiz. Er wurde zwar nicht verboten — erhielt sogar einen Produktionsbeitrag vom EDI —aber, fertiggestellt, wurde er von verschiedenen Seiten angegriffen. Bundesrat Hürlimann verweigerte eine Qualitätsprämie und später einen Promotionsbeitrag. Gegen die Preisverleihung des Films in Mannheim liefen 18 Professoren der Universität Bern Sturm.

1. Die Verwaltung der Geschichte

Anhand dieser Auseinandersetzung kann ansatzweise eine bestimmte Auffassung der Organisation des öffentlichen Entscheidungsprozesses in kulturellen Angelegenheiten gezeigt werden, eine Auffassung, die kraft der juristischen und politischen Macht, die dahintersteht, entscheidenden Einfluss nimmt auf das kulturelle Schaffen in der Schweiz. Ich zitiere hier auszugsweise Stellen aus dem Protestbrief der Berner Professoren:

Es besteht also sicher kein Zweifel, dass das Urteil (die Verurteilung des Ernst S., J. H.) gemäss geltendem Recht gefällt worden ist, denn in einer Zeit totalitärer Umklammerung und Bedrohung musste die Schweiz mit aller Härte sowohl gegen Angehörige und Sympathisanten der nazistisch orientierten Neuerungsbewegung als auch gegen skrupellose Profitjäger vorgehen, die Landesverrat begingen. Die Einführung der Todesstrafe auf Grund der bestehenden Rechtsgrundlagen wurde 1942 von der Öffentlichkeit gefordert, als sich die Spionagefälle — hauptsächlich zugunsten des Dritten Reichs — in erschreckender Weise häuften.

Den Autoren des Films geht es nicht um eine grundsätzliche Diskussion des Problems der Todesstrafe. Wegleitend für sie ist eine klassenkämpferische Tendenz. Es handelt sich nicht um eine möglichst objektive Analyse geschichtlicher Fakten, sondern es soll gezeigt werden, dass das ‘System’ damals Sündenböcke brauchte, die — der neomarxistischen Theorie entsprechend — nur ‘unten’ gesucht werden konnten.

Unseriös ist ferner, dass das behandelte Geschehnis nicht in den Gesamtrahmen der damaligen Spionagefälle und der Bedrohung unseres Landes gestellt wird.

Der Film versucht in geschichtskriterischer Weise, eine Episode aus der sehr ernsten Zeit grundsätzlicher Abwendung der demokratischen Schweiz vom totalitären Dritten Reich zu politischen Zwecken auszuschlachten. Für die Unterzeichneten, von denen etliche als Wehrpflichtige den Aktivdienst 1939/45 miterlebt und auch erfahren haben, wie ungehemmt die Nazipropaganda vor allem junge Schweizer zu beeinflussen suchte, ist der Umstand besonders unverständlich, dass er ausgerechnet in Deutschland derartig ausgezeichnet worden ist. Es gibt dafür eigentlich nur zwei Erklärungen. Entweder verbirgt sich dahinter ein Ressentiment gegen die Tatsache, dass bei uns damals landesverräterische Sympathisanten und gekaufte Handlanger des Naziregims streng bestraft wurden, oder es handelt sich um eine neomarxistische Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg. Die Behauptung, man habe das besondere sozialpolitische Engagement prämieren wollen, kann nicht aufrechterhalten werden, wenn man sich bemüht, den wahren Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen. Dies ist offensichtlich nicht geschehen.

Ich möchte hier zwei Punkte beleuchten.

Erstens erstaunt mich immer wieder, wie sicher die Hüter des Status quo wissen, was «Objektivität» ist. Zweitens gibt mir die spezifische Vorstellung eines stabilen «organischen» Gesellschaftsgefüges und der damit verbundenen Entscheidungsprozesse, die in diesem Brief zum Ausdruck kommt, zu denken.

Das Postulat der objektiven Analyse

Im ersten Punkt wird ein altes Problem des Dokumentarfilms, wie jeglicher dokumentarischen Kunst, aufgeworfen: der Film sei subjektiv, klassenkämpferisch, verzerrend in der Optik. Es wird eine objektive Analyse geschichtlicher Fakten gefordert. Welches sind die Kriterien? «Grundsätzlich» muss die Untersuchung sein, der «Gesamtzusammenhang» muss berücksichtigt werden, und überhaupt muss man einfach «bemüht sein, den wahren Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen». Mit diesen in ihrer Allgemeinheit nichtssagenden Begriffen wird eine Objektivität, eine Sachlichkeit postuliert, die in dieser voraussetzungslosen, «wertneutralen» Art gar nicht realisiert werden kann. Diese Konstruktion einer unparteilichen Optik unterwirft die Wirklichkeit in der Interpretation einem geschlossenen ideologischen System und dessen verdinglichten Kategorien: Die objektive Analyse erscheint allgemein gültig, weil die erkenntnistheoretischen Prämissen vernachlässigt werden. Sie stützt sich auf die Behauptung, ein Gesamtzusammenhang werde beachtet; «ausgewogen» werden alle Teile eines «Ganzen» nachgewiesen: Brecht vergleicht dies Verfahren mit dem Vorgehen eines Zeichners, der eine Fläche schraffiert, «so dass die unsichtbare, aber vorher ‘darunter’ angebrachte Zeichnung heraustritt, ganz von selber sozusagen». Man kann «oben oder unten oder in der Mitte damit beginnen, da ja das ‘Ganze’ schon da ist, und überall, wo man schraffiert, heraustreten muss».

Nicht so dagegen bei dem zur Diskussion stehenden Film: «dokumentarisch» meint hier einen Realismus, der Gründe und Funktion eines Geschehens darstellt. Der Alltag, das scheinbar Selbstverständliche, wird befragt. Wirklichkeit wird hier erst hergestellt. Notwendigerweise enthält diese Arbeit eine parteiliche Stellungnahme: Der Film reflektiert seine Voraussetzungen: Er stellt selbst Öffentlichkeit her, ist selbst eingespannt in gesellschaftlich vermittelte Wirklichkeit. Diese ist aber widersprüchlich, bedingt durch den Widerspruch in der kulturellen und — primär — materiellen Produktionsweise. Da hilft kein noch so ehrlich gemeinter Moralismus darüber hinweg! Der dokumentarische Charakter von Dindo/Meinbergs Film realisiert sich in der «operativen» Durchleuchtung des oberflächlichen Geschehens: In der konstruktiven Anordnung von Fakten wird die Gefahr umgangen, das System als eindimensionalen Herrschaftszusammenhang zu mystifizieren, wie das die Professoren der neomarxistischen Theorie vorwerfen.

Fragen an die Öffentlichkeit

Zum zweiten Punkt: In der Argumentation der Briefschreiber zeigt sich die folgende Konstruktion: Die gesellschaftliche Ordnung legitimiert sich durch sich selbst: Die formalen gesetzlichen und verfassungsmässigen Gegebenheiten gewähren Gerechtigkeit und Gleichheit für alle: Sie sind historisch gewachsen und dadurch gerechtfertigt. Das Urteil über Ernst S. ist richtig, weil es nicht gegen das geltende Gesetz verstösst. Die Todesstrafe ist begründet, da sie von der Öffentlichkeit gefordert worden ist.

Der Status quo dient als Legitimation, er wird nicht selbst zum Problem: Die einen Gegenstand oder einen Vorgang konstituierenden Voraussetzungen werden also hier der Untersuchung entzogen.

Im Film von Dindo/Meienberg kam aber gerade zum Ausdruck, dass erstens das bestehende Gesetz auch Lücken aufweist, zweitens, dass Gesetzgebung durch eine geschichtliche Auseinandersetzung gesellschaftlicher Interessengruppierungen gemacht wird und auch in Frage zu stellen ist, und drittens, dass der Formalismus der Paragraphen noch lange nicht jedem Bürger zu seinem Ausdruck und Recht verhilft.

Im Film werden die Verwandten von S., der Vormund, die Zimmervermieterin, der Arbeitgeber, der Heim Vorsteher, Freunde und Bekannte von S. vorgestellt. Aus dem Kaleidoskop der Meinungen dieser so heterogenen Gruppe von «Betroffenen» ergibt sich eindeutig, dass der Begründungszusammenhang für die Tat von S. in der sozialen und sozialpsychologischen Situation von Ernst gesehen werden muss. Der Film leistet eine kritische Analyse als sozialpsychologische Studie — ein Motivkreis wird aufgedeckt, der bei der Urteilsfindung im vorliegenden Fall zu wenig berücksichtigt worden ist. Wer Ernst S. als Sympathisant der Nazis oder als skrupellosen Profitjäger stempelt, geht, soweit das zu rekonstruieren ist, nicht nur voll daneben, sondern fördert auch die Bildung von emotional geladenen Vorurteilen, die eine kritische Aufarbeitung von Geschichte verhindern.

Die öffentliche Meinung wird von den Filmern nicht als anonyme Macht verdinglicht zur Legitimation herbeigezogen. Die öffentliche Meinung wird gemacht — eine Binsenwahrheit. Aber wer macht sie? Die genaue Befragung der Betroffenen scheint mir objektiver — oder auf jeden Fall seriöser — als das Sich-Abstützen in der Argumentation auf den «Willen» der Öffentlichkeit. Darin liegt auch die technische (ästhetische) — und damit auch die politische — Qualität dieses Dokumentarfilmes.

Form und Inhalt

Auf dieselben Kriterien wie «Billigkeit», «Gerechtigkeit», «Ausgewogenheit» der «korrekten» Darstellung der Fakten baut auch Bundesrat Hürlimann seine ablehnende Antwort auf das Gesuch um eine Qualitätsprämie auf.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Art und Weise, wie die «indirekte Zensur» aufgebaut wird. «Die Begutachtung durch Experten hat den Zweck, die politischen Behörden von der Beurteilung künstlerischer Aspekte, für die sie nicht zuständig ist, zu entbinden.» (Hürlimann) Aus dieser Zweiteilung eines Entscheides in eine politische und eine ästhetische Begründung entstehen dann die «zwiespältigen» Urteile: Eine Minderheit der Expertenkommission kritisiert, der Film «manipuliere historische Ereignisse und bediene sich in einer unzulässigen Weise eines ideologischen Rasters, was schwerer zu Gewicht falle, als die gestalterischen Qualitäten.» (Hürlimann) Und Martin Schlappner attestiert in der NZZ dem Film «gestalterische Qualitäten», deklassiert ihn aber gleichzeitig als Machwerk der Agitation und Polemik: der Film stelle «eine Dokumentation von starker Einfühlung» dar, der Regisseur zeige sich «als ein Künstler von akribischer Sensibilität». Dem Film sei aber «eine bis ins Rafinessement der Suggestion und der Unterstellung entwickelte Dialektik eigen», «eine Dialektik der (...) Klassenkampfgesinnung».

Das aktuelle Kulturschaffen bringt nicht mehr einen allgemein gültigen «Zeitgeist» zum Ausdruck.

Der unter dem Gesetz der Profitmaximierung vollzogene Abbau des individuellen Kunstwerks bleibt ambivalent: er brachte mit dem Übergang zu gesellschaftlicher Produktionein Höchstmass an kooperativer Teilarbeit und damit eine potentielle Zunahme an Kenntnissen und Techniken, liess aber infolge des ‘kapitalistischen Arrangements’ der Produktivkräfte den Gedanken der komplexen Einheit des Kunstwerks bzw. der kontinuierlichen Aufklärung durch Information zugunsten einer der Sache äusserlich bleibenden Standardisierung von Teileinheiten und Teileffekten verkümmern. (Lutz Winckler)

Der Film wird in der Bewertung von «offizieller» Seite nicht als eine durch seine Produktionsstruktur bedingte ästhetische Aneignung einer historischen Wirklichkeit durch ein historisch bedingtes Subjekt erkannt. Im Gegenteil: Das dokumentierte Erkenntnisinteresse der Autoren wird als Fremdpartikel weggestrichen: Die Zensur als Reinigungsakt führt zum Diktat einer herrschenden Weltanschauung rigidster Natur. Das Lob der Form ist in diesem Zusammenhang nur Bewahrung des Scheins einer «ausgewogenen» Betrachtung.

Zu welcher Verirrung die Abstraktion von der historischen Entwicklung der ästhetischen Produktivkräfte, d. h. deren Entlassung aus der dialektischen Verknüpfung mit der Funktion führen kann, zeigt sich in der hilflosen Suche von Justus Imfeld im Berner «Bund» nach dem Wesen der Kunst: «... zwar war von Kunst nun nicht mehr die Rede, sondern es wurden 6000 DM (!) gesprochen für ‘das besondere soziale Engagement’...»

Die Form-Inhalt-Relation wird undialektisch und ahistorisch gefasst: «Voraussetzungslos» wird an einem «Gegebenen s die Form zurückgestellt, der Inhalt wird gemessen an nicht hinterfragten«zeitlosen» Normen.

Den Charakter von Zensurmassnahmen erhalten diese «offiziellen» Stellungnahmen, weil sie, neben der Bestimmung der Verteilung finanzieller Beiträge — ein direktes Eingreifen in die Produktion —, meinungsbildend wirken: Es äussern sich hier Vertreter politischer Instanzen, Mitarbeiter finanzstarker Zeitungen und Mitglieder von Bildungsinstitutionen, die als Lohnempfänger einen ganz bestimmten Auftrag übernehmen. In der Schweiz ist die Wirkung dieser «Autoritäten» im öffentlichen Meinungsbildungsprozess nicht zu unterschätzen!

An den hier zitierten Ausschnitten liess sich zeigen, dass auf der Ebene der Diskussion der offiziellen Kulturverwaltung nicht argumentiert werden kann: Einerseits wird die konkrete Grundlage kultureller Arbeit — noch spezifischer: filmischer Arbeit — nicht in die Überlegungen miteinbezogen, und anderseits bleiben — nicht unabhängig davon — erkenntnistheoretische Prämissen unberücksichtigt. Das will aber nicht heissen, dass die staatliche Zensur nicht ernst zu nehmen sei: Die hier dargestellte Argumentationsweise erhält gerade in ihrer ideologischen Qualität eine politische Funktion. Die kann sie nicht verbergen — auch nicht durch den ihr eigenen Moralismus. «Je vollständiger das Moralische ausserhalb der Untersuchung gehalten werden kann, desto kraftvoller tritt es am Ende in seine Rechte.» (Brecht)

2. Épatez le bourgeois!

Im Folgenden versuche ich anhand eines weiteren Zensur-Falles (diesmal geht es um «Pornographie»), meine Kritik in der Darstellung der Diskussion vor Gericht noch zu verdeutlichen.

Man wird den Publikumsgeschmack nicht verbessern, wenn man die Filme von Geschmacklosigkeiten befreit, aber man wird die Filme schwächen. Denn: weiss man, was man mit Geschmacklosigkeiten entfernt? Die Geschmackslosigkeit der Massen wurzelt tiefer in der Wirklichkeit als der Geschmack der Intellektuellen. (...) Die Vorstellung der Feuilletonisten ist also unzulänglich: Man kann den Publikumsgeschmack des Publikums nicht durch bessere Filme, sondern nur durch eine Änderung seiner Verhältnisse ändern. (Brecht)

In Zürich wurde 1975 der Film Pink Flamingos von John Waters auf Anklage von privater Seite hin beschlagnahmt und als unzüchtig erklärt. Die Anklage folgte dem Artikel 204 Ziffer 1 Absatz 3 StGB. («Wer unzüchtige Schriften, Bilder, Filme oder andere unzüchtige Gegenstände öffentlich verkauft, verbreitet, öffentlich ausstellt oder gewerbsmässig ausleiht, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.»)

Aus der Argumentation der Anklage und Verteidigung lassen sich auch in diesem Fall einige zentrale Fragen staatlicher Zensur filmischen Schaffens aufzeigen. Wobei es sich hier nicht um einen Eingriff in die Produktion, sondern in die Vermittlung von Filmen handelt.

Pink Flamingos ist ein amerikanischer «Untergrund»-Film, der den Wettbewerb zweier Familien zeigt, die versuchen, «the filthiest people in the world» zu sein.

Der Film wurde im Kino «Commercio» in Zürich gezeigt. Der Geschäftsführer des Kinos setzte den Film auf den Spielplan, nachdem er ihn in zwei Visionierungen einem Kreis von Fachleuten gezeigt hatte, ermutigt durch die meist sehr positiven Kritiken in der internationalen Presse. Übrigens wurde der Film in Locarno wie auch in Bern schon öffentlich gezeigt. Nachdem die Kontrolle der Sittenpolizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft ergab, dass «der als Meilenstein in der Filmgeschichte angepriesene Film (...) als ekelerregender und abstossender Film eingestuft werden (muss)», wurde gegen den verantwortlichen Delegierten des Verwaltungsrates der Firma Commercio-Picadilly AG durch die Bezirksanwaltschaft Klage erhoben. Verteidigt wurde der Angeklagte durch den Rechtsanwalt Dr. Rudolf Weber.

Die Anklage griff vier Szenen aus dem Film und erklärte diese — und damit den ganzen Film — als unzüchtig, «indem sie in nicht leicht zu nehmender Weise gegen das durchschnittliche Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlichen Dingen» Verstössen:

«1. Beischlafszene mit einem verblutenden Huhn zwischen den nackten Körpern.

2. Masturbationsszene des Chauffeurs im Keller, der mit einer Pipette Sperma aus der Hand aufsaugt und in die Vagina einer bewusstlosen Frau spritzt.

3. Szene, die den After eines Mannes zeigt, der sich im Takt der Musik öffnet und schliesst.

4. Fellatio, zum Teil in Nahaufnahmen, zwischen Mutter und Sohn.»

Um den Formalismus in der juristischen Argumentation der Anklage darzustellen, zitiere ich hier folgende Passagen aus der Anklageschrift:

Es ist für die Bewertung des Werkes in Bezug auf Art. 204 StGB weitgehend belanglos, ob die geschlechtlichen Vorgänge lediglich ein Nebenaspekt sind oder ob der Film im Gegenteil keinen andern Zweck hat als die Darstellung geschlechtlicher Vorgänge. Selbstverständlich kann indirekt eine Nuancierung erfolgen, indem zum Beispiel geschlechtliche Vorgänge je nachdem, in welchem Zusammenhang sie gezeigt werden, anders auf den Betrachter wirken. Aber die Tatsache allein, dass — wie es die Verteidigung in Bezug auf das vorliegend zu beurteilende Werk geltend macht — die Darstellungen des Geschlechtlichen eine sinnbildliche Funktion haben (zum Beispiel soziale Vorgänge, Unterdrückungsmechanismen, Ausnützungsstrukturen, Angstreaktionen und dergleichen mehr deutlich machen sollen), — diese Tatsache erscheint nach der geltenden Praxis nie als Rechtfertigung einer Darstellung, die objektiv geeignet ist, das sittliche Gefühl einer durchschnittlich empfindenden Person zu verletzen.

M. a. W. ist eben neben dem Gesamtwerk auch die einzelne Szene für sich selber hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit Art. 204 StGB zu prüfen.

Nun bestreitet aber der Angeklagte bzw. dessen Verteidiger mit Recht nicht, dass die vier in der Anklage gerügten Szenen des Films Pink Flamingos objektiv geeignet sind, das sittliche Empfinden eines durchschnittlichen Erwachsenen zu verletzen. Im Gegenteil verhält es sich so, dass mit diesem Film eine solche Verletzung des sittlichen Empfindens offensichtlich provoziert, bezweckt wird, nach der Meinung des Angeklagten, um das Publikum mittels eines Schocks wachzurütteln, empfänglich zu machen für die sinnbildliche Darstellung sozialer und menschlicher Abgründe. Aber diese Motivierung ist, wie angeführt, unerheblich hinsichtlich der Tatbeständlichkeit; wesentlich für die Subsumption ist, dass der Film eben jenes Empfinden verletzen will, welches der Gesetzgeber strafrechtlich schützt.»

Gegeben sind: Durchschnitt und Mittelmass

Die Zensur greift dort ein, wo ein bestehender Film einer anonymen Öffentlichkeit vermittelt wird: Die Anklage muss in ihrer Argumentation das «Empfinden eines Durchschnittstypus» und ein «dem Bürger zumutbares Mass» an Offenheit annehmen. Diese Konstruktion von Durchschnitt und Mittelmass erhält in der juristischen Anklage begründende Funktion. Der Formalismus, mit dem hier ein Kunstvermittlungsprozess konstruiert wird, entspricht dem Vorverständnis, das die juristische Instanz von einem Kunstwerk hat. Das Kunstwerk — ohne zu differenzieren, ist der Film inbegriffen — wird aus dem konkreten Produktions- und Rezeptionszusammenhang herausgerissen und als isoliertes «Ganzes» begutachtet. Dementsprechend spielt der Stellenwert einer einzelnen Szene in der ästhetischen Struktur des Films keine Rolle, wie auch die Funktion, die der Film in der aktuellen Filmproduktion einnimmt, nicht von Bedeutung ist.

Der Widerspruch zwischenformalnormativer Ästhetik und technischer Struktur des Films wird überdeckt. Der Film als abstrakte Ganzheit ist eine additive Reihung von Einzelmomenten, die, aneinandergereiht, das Ganze ergeben. «Ein Kunstwerk ist zerlegbar in Teile, von denen einzelne entfernt werden können. Es ist mechanisch zerlegbar, nämlich nach wirtschaftlichen und polizeilichen Gesichtspunkten.» (Brecht)

Man muss, um das Vorgehen der staatlichen Zensur aufzudecken, also weniger über Moral und Prüderie diskutieren, über den Grad an Toleranz, sondern eher die abstrakt formale Argumentationsweise kritisieren, d. h. diese auf ihre Voraussetzungen und Funktion befragen. Indem die Zensur a priori Pink Flamingos aus dem Produktions- und Konsumptionszusammenhang loslöst, den Film seiner historischen und gesellschaftlichen Funktion entkleidet, konstruiert sie den nicht zu überprüfenden Bezugsrahmen zwischen einem abstrakten «Werk» und einem hypothetischen Durchschnitts-rezipienten.

Die zweifache Bestimmung des Films — empirisch induktiv und hypothetisch deduktiv — scheint in der spezifischen Eigenart des Films zu gründen und nicht im Denken der Anklage. Das frei schwebende Objekt ist schillernd in den Aspekten und kann «von verschiedenen Seiten» betrachtet werden. Hier versucht ein falsch verstandener Pluralismus Objektivität zu begründen. Im vorliegenden Fall gibt die Moral den Bezugsrahmen ab, orientiert an einem «gesunden» Mittelmass.

Das Dilemma der Verteidigung

Interessant ist, wie nun die offizielle Verteidigung auf die Argumentationsweise der Anklage eingehen muss, dabei — aus pragmatischen Gründen — die ideologischen Prämissen der Staatsanwaltschaft nicht thematisiert und damit eine gewisse Hilflosigkeit nicht verbergen kann.

Das Zusammenprallen von Kulturschaffendem und Staatlicher Aufsicht wird durch die Geschichte hindurch als konstantes Konfliktmoment interpretiert: Einerseits verkörpert das künstlerische Schaffen als Provokation das Bewusstsein einer Avantgarde, anderseits ist der Grad an ideologischer Toleranz einer Gesellschaftsordnung notwendigerweise ein bedingender Faktor jeglicher ästhetischen Produktion.

Zeugen für die These «Kunst als Avantgarde» werden beliebig herbeigerufen, über Goethe, Richard Wagner, James Joyce bis zu Picasso: Zeugen und Bestandteile akzeptierter und rehabilitierter Kulturgeschichte.

Zur Illustration der «Toleranz-These» werden die abschreckenden Beispiele staatlichen Kulturdiktats der Oststaaten und des Dritten Reichs zitiert. (Dass man die beiden Beispiele in einem Zug nennt, scheint niemanden zu stören!) Die staatliche Begutachtung kultureller Arbeit wird von der Verteidigung explizit befürwortet und sogar zur Legitimation eingesetzt: Pink Flamingos wurde in Locarno gezeigt, einem Festival, das von staatlichen Stellen unterstützt wird. Der Film wurde weiter von Herrn Amann, einem Funktionär eines staatlichen Kulturinstituts, positiv besprochen.

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kulturschaffendem und staatlicher Aufsicht muss eine Ermessensfrage bleiben. Die Schlussfolgerung ist paradox: Das gesunde Mittelmass ist das normative Ziel staatlicher Zensur. Um den Begriff aber klar zu fassen, muss die Norm als gegeben vorausgesetzt werden. In dieser Paradoxie erhalten Begriffe wie «kollektives Gewissen» — als dessen Ausdruck Zensur sich versteht — lapidare Evidenz.

Das «eindimensionale» Denken der Verteidigung übernimmt genau dieselben abstrakt formalen Schemen, die wir in der Argumentation der Anklage vorfanden: Im staatlichen Eingriff stehen sich zwei Weltanschauungen gegenüber, die des Künstlers und die der «Allgemeinheit»: «Es ist eben eine unbestreitbare Tatsache, dass Künstler und Intellektuelle der Zeit, dem Zeitgeschmack und auch den moralischen Wertvorstellungen der Allgemeinheit voraus sind.»

Der avantgardistische Charakter von Pink Flamingos wird konkretisiert, indem Waters’ Absicht, aus dem Untergrund eine Alternative zum herrschenden Kulturkanon zu schaffen, hervorgehoben wird. Dieser Versuch wird theoretisch festgemacht an Marcuses Theorie: Gesellschaftskritisches Kulturschaffen kann sich nur in der Verweigerung realisieren. Als Begründung wird die Integrationskraft des bestehenden Kulturapparates angeführt, dieselbe Integrationskraft, die Wagner, Joyce, Picasso rehabilitierte, die Kraft der Kultur, die sich Goethe als Zeugen erhält.

Wohl nicht zufällig wird hier auf einen Vertreter der Frankfurter Schule rekurriert. Indem der herrschende Kulturapparat als «übermächtiger Moloch» übersteigert wird, muss die Kritik im Kunstwerk selbst, immanent, aufgesucht werden. Und dies wird auch — wie in verschiedenen Kritiken in Zeitungen übrigens auch — mit grosser interpretatorischer Akribie geleistet. «Die Sexualität ist auch keineswegs naturalistisch dargestellt worden, sondern, wie der ganze Film, theatralisch überhöht und absolut künstlich.» (die Verteidigung) Die «parabolische Form», die «symbolische Aussagekraft», die «groteske Verfremdung», der «zynische, sarkastische Grundton» distanzieren das Dargestellte zum Mittel zum Zweck — es gelte, die Aussage nicht wortwörtlich zu nehmen. Die Verteidigung führt etwa zu der eingeklagten Szene Nr. 2 aus: «Auch hier handelt es sich natürlich nicht um eine realistisch-psychologische Darstellung einer sexuellen Neurose, sondern um die überhöhte und groteske Symbolisierung von gesellschaftlichen und sexuellen Zwängen.»

Dieser Rettungsversuch bleibt, wie die Anklage, im Formal-Inhaltlichen stecken. Wird die kritische Absicht Waters’ noch zitiert, wird endgültig klar, dass der Moralismus der Anklage auch die Argumentation der Verteidigung bestimmt. Dieser Beschränkung scheint der Filmselbst Vorschub zu leisten, wie eine Kritik im Tages Anzeiger, Zürich, ansatzweise ausführt: «Er (Waters, J. H.) scheint selbst am stärksten alternativlos in jener offiziellen Moral gefangen zu sein, die er als die wahre Unmoral lächerlich machen möchte.» Ein Kunstwerk, das sich die Formel «épater le bourgeois» auf die Fahne schreibt, trägt schon das Signum der Integration durch die offizielle Kultur.

Die von der Verteidigung zitierten Autoren Brecht und Marcuse werden in ihrer Kritik nicht begriffen — im Gegenteil: Es geschieht genau das, was vermieden werden wollte: Sie werden in die Argumentation eingebaut, eine Argumentation, die den Rahmen akzeptierter bürgerlicher Kultur nicht sprengt. Die «Alternative» wiederspricht dem herrschenden Kulturverständnis nicht. Der Film wird als «komplexes Kunstwerk», als ein die gesellschaftliche Situation in seiner Struktur wiederspiegelndes Ganzes bestätigt. Gesellschaftskritik verkümmert auch hier zur Frage moralischer Wertvorstellungen. In diesem Punkt muss die Verteidigung voll auf die Ebene der Anklage einbiegen: Dem «Durchschnittstyp», den die Anklage schützt, wird der anspruchsvolle Kunstbetrachter gegenübergestellt: «Der Angeklagte zeigt nur Filme, die anspruchsvoll sind. Entsprechend seinem Filmprogramm ist denn auch das Publikum dieses Studio-Kinos ein anspruchsvolles und verständiges.»

Der Handzettel, der dem Kinobesucher verteilt wurde, bezeichnet Pink Flamingos als Untergrund-Film. «John Waters ist sich der Fragwürdigkeit und teilweisen Verlogenheit des bürgerlichen Kulturbetriebes und gewisser ehrgeiziger Kunst-Filme zu bewusst, als dass er Gefahr liefe, ihnen nachzueifern.» Anklage und Verteidigung diskutieren den Film nach den Vorstellungen herrschender Moral und normativer Ästhetik. Der Untergrund-Film muss sich hierbei bewähren, und das Fragwürdige an Waters’ Film ist, nach meiner Meinung, dass es ihm durch die Eloquenz des Verteidigers nicht schlecht gelingt.

Kritik wie Verteidigung des Films ergehen sich in ästhetischen Spekulationen und moralischen Irrationalismen. (Bedeutend ist dabei, dass es hier um die Bildung von Werturteilen geht, die rechtliche Gültigkeit beanspruchen und politische Funktion erhalten!)

Gerade am Film kann aber der qualitative Sprung gezeigt werden vom Kunstwerk als intuitiv originaler Schöpfung zum Kunstwerk als reproduzierbare, technisch herstell- und machbare Ware, als Moment und Resultat eines politisch-ökonomischen Prozesses.

Schon in den zwanziger und dreissiger Jahren haben Walter Benjamin in der Theorie und Bertolt Brecht in der Praxis u. a. anhand des Films diesen Vorgang analysiert und aufgezeigt, wo die objektiven Kriterien zur politischen Kritik am Film liegen: in seinen Produktions- und Rezeptionsbedingungen, im Funktionalen.

Den Produzenten und Bewahrern öffentlicher Moral und den Verwaltern von Geschichte kann nicht mittels Kategorien der bürgerlichen Aufklärung begegnet werden.

Die Scheingefechte, die versuchen, liberale Grosszügigkeit abzustecken, entlarven sich als Wegmarken der Repression staatlicher Kulturpolitik und profitorientierter, privatwirtschaftlicher Kulturproduktion. Die moralische Verantwortung hat die politische Funktion von Zensur zu überdecken: Deshalb werden Fragen der Produktionsverhältnisse filmischer Arbeit elegant umgangen. Die ideologische Willkür ist notwendig: Die Urteilsfindung ist aufgebaut auf Ermessensfragen, und wer die politische und juristische Macht hat, der entscheidet, was angemessen ist!

L’IDEOLOGIE DE L’AUTODEFENSE DE LA CENSURE

L’attitude du conseiller fédéral Hùrlimann (refus d’une prime à la qualité) à l’égard du film L’exécution du traître à la patrie Ernst S., la réaction des dix-huit professeurs de l’université de Berne (lettre de protestation contre le prix décerné à ce même film au Festival de Mannheim) est révélatrice. En effet, ces derniers reprochaient au film son manque d’objectivité dans l’analyse des faits historiques et son refus de placer le sujet dans le contexte plus vaste de son époque et des affaires d’espionnage qui menaçaient alors notre pays; il n’aurait cherché qu’à être l’illustration de la théorie néo-marxiste selon laquelle le «système» avait besoin — à ce moment-là — de quelques boucs émissaires et ne pouvait les trouver qu’«en bas». Mais l’objectivité que demandent ces professeurs est d’une telle «neutralité» qu’elle n’est plus réalisable, car la réalité sociale est bien trop complexe et contradictoire, et le cinéaste prend nécessairement position. Ici, il interroge le quotidien, tout ce qui semble aller de soi. Le caractère documentaire du film de Dindo/Meienberg se réalise dans l’éclairage «opératif» des événements superficiels; par la mise en place constructive de faits on évite le danger de mystifier le système comme un rapport du pouvoir à une seule dimension. Pour les professeurs de Berne, le «statu-quo» sert de légitimation: Le jugement d’Ernst S. est juste parce qu’il s’en tient à la loi, et la peine capitale est justifiée puisque l’opinion publique la réclamait. Par contre, le film de Dindo/Meienberg démontre précisément que premièrement cette loi a des lacunes, deuxièmement qu’elle est faite par des groupements sociaux intéressés (et peut donc être mis en question) et, troisièmement, que le formalisme des paragraphes est encore loin de faire respecter les droits de chaque citoyen. Et les nombreux témoignages de personnes directement concernées par Ernst S. (qui «font» le film) sont quand même plus «objectifs» — en tout cas plus sérieux — qu’une argumentation qui s’appuie sur une vague «volonté» de l’opinion publique.

Le conseiller fédéral Hùrlimann utilise (dans son refus d’une prime à la qualité) les mêmes critères de «Justice», «équilibre», représentation «correcte» des faits. Ses experts (qui se sont, en grande majorité, prononcés en faveur du film) n’ont apparemment que des compétences pour juger de t’aspect, de la qualité artistique, alors que lui, le conseiller, justifie son refus

avec des critères idéologiques (manipulation d’événements his toriques, lutte des classes sous-jacente etc.). Les éloges touchant à l’aspect formel du film ne servent — dans ce contexte qu’à maintenir l’apparence d’une analyse équilibrée. Soulignons que ces prises de positions «officielles» deviennent des mesures de censure, parce qu’elles forment, elles influencent l’opinion.

Mais passons à un autre type de censure: celle qui vise la pornographie. En 1975, le film Pink Flamingos de John Waters est séquestré et déclaré en contravention contre les mœurs. L’accusation relève en particulier quatre scènes impudiques:

1. Une scène d’amour avec une poule en sang entre les deux corps.

2. La scène de masturbation dans la cave, où le chauffeur aspire les spermes avec une pipette et les injecte dans le vagin d’une femme évanouie.

3. La scène qui montre l’anus d’un homme qui s’ouvre et se ferme en mesure avec la musique.

4. Fellation (en partie en gros plans) entre mère et fils.

L’accusé (condamné suite à l’article 204.1 du code pénal suisse — «Celui qui aura fabriqué ou détenu des écrits, images, films ou autres objets obscènes en vue d’en faire le commerce ou la distribution ou de les exposer en public, celui qui, aux fins indiquées ci-dessus, aura importé, transporté, ou exporté de tels objets, ou les aura mis en circulation d’une manière quelconque, ... sera puni de l’emprisonnement ou de l’amende.») ne nie pas que ces quatre scènes puissent blesser les sentiments moraux d’un adulte moyen; au contraire, il reconnaît que le film cherche à provoquer, à réveiller le public en le choquant, pour le sensibiliser aux représentations métaphoriques des abîmes sociaux et humains. Seulement cette motivation est sans importance aux yeux de la loi. Ce qui est important, c’est que le film cherche précisément à blesser ces sentiments que la loi cherche à protéger. La censure intervient là, où un film existant est porté devant un public anonyme. L’accusation doit tenir compte, dans son argumentation, d’un public «moyen» et de ce que ce public moyen peut supporter. L’œuvre d’art, en l’occurrence le film, est tiré hors du contexte de sa production et de sa réception; il est jugé comme un «tout» isolé. De ce fait, la valeur que prend une scène dans la structure esthétique du film ne joue aucun rôle, de même que la function, l’intention qu’une scène particulière ou le film dans son ensemble prend pour le public, n’a pas d’importance. Or, comment pourrait-on argumenter rationnellement lorsqu’une oeuvre abstraite est mise en rapport avec un hypothétique «récepteur» moyen? Ce public est, semble-t-il, considéré comme une table rase sans système référentiel, sur laquelle l’œuvre d’art est mécaniquementreproduite.

La défense accepte explicitement l’appréciation d’une œuvre d’art par l’Etat et utilise des arguments aussi abstraits que l’accusation, en opposant l’idéologie, la conception du monde de l’artiste (provocation, conscience d’une avant-garde) à celle de la communauté (du grand public, plus ou moins tolérant). Dès lors, la «saine moyenne» est le but normatif de la censure d’Etat, tandis qu’on admet qu’indéniablement l’artiste et l’intellectuel sont en avance sur leur temps, le goût de leur époque et la représentation des valeurs morales du commun des mortels. La défense cherche à concrétiser le caractère avant-gardiste de Pink Flamingos en relevant l’intention de Waters de créer dans l’Underground une alternative au courant artistique établi; elle insiste aussi sur le caractère symbolique des scènes mises en accusation. Le moralisme de l’accusation détermine donc l’argumentation de la défense. Au «citoyen moyen» protégé par l’accusation, on oppose le «connaisseur», l’exigeant contemplateur d’art. Accusation et défense se basent sur la représentation de la morale en cours et de l’esthétique normative. Pourtant le film pourrait précisément montrer le saut qualitatif de l’œuvre d’art en tant que création originale intuitive à l’œuvre en tant que marchandise reproductible, techniquement fabricable, comme moment et résultat d’un processus politico-économique. Les critères objectifs pour une critique politique d’un film sont à chercher dans le fonctionnel: dans ses conditions de production et de réception. (AEP)

Jörg Huber
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(Stand: 2020)
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