ERWIN KEUSCH / HANNES MEIER / KARL SAURER

MAULKORB UND SELBSTZENSUR BEIM FERNSEHEN

CH-FENSTER

I Karl Saurer: Ruhe-Störung

Es war in den Tagen nach ‘68, zu einer Zeit also, da sich selbst ein Direktor Frei (Fernsehen der deutschen und der rätoromanischen Schweiz) die Freiheit nehmen wollte, mehr von ebensolcher zuzulassen, als bisher opportun gewesen war. Und allzu sehr wollte man im Leutschenbach gegenüber den hierzulande populären deutschen Programmen nicht in Rückstand geraten: Wenigstens in vereinzelten Jugend-Magazinsendungen sollten die «Statisten der Geschichte» und die «Randständigen der Gesellschaft» auch mal zu Wort kommen, sollte auch mal die «Kehrseite» ins Bild gerückt werden. In einem 50-minütigen Dokumentarfilm versuchten Gerhard Camenzind, Hannes Meier und ich also zu zeigen, wie es einem ergeht, der in unsere schweizerische Gesellschaft hineingeboren wird; eine Gesellschaft, die zwar ihre Verfassung im Namen des Allmächtigen beginnen lässt, als letzte und höchste Instanz jedoch die «Gesetze des Marktes» anerkennt. Und da die Geschäfte nur dann ihren rechten Gang gehen, wenn RUHE UND ORDNUNG herrschen, erstaunt es nicht, dass wir vom Kindergarten bis zur Rekrutenschule eine fast lückenlose Kette von Sozialisationsagenturen durchlaufen, denen bei allem Methodenpluralismus e i n gemeinsames «Erziehungsziel» eignet: Ruhige und Ordentliche, «die mehr liefern als lafern». Für wen, ist unschwer zu erraten. Schwer hingegen ist sowas im Fernsehen öffentlich zu machen. Besonders, wenn scheinbar vereinzelte Missstände in gesellschaftliche Zusammenhänge gestellt werden.

Nicht allein, dass wir Lehrlinge von Schikanen erzählen oder Frauen gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordern Hessen, nicht allein die Bilder, die Blauringführerinnen bei ihrer sexualfeindlichen Betreuertätigkeit zeigten, oder die Kamerafahrt entlang den Zürichseeufern, die über «denkwürdige» Besitzverhältnisse aufklärte (900 private Anstösser besitzen durchschnittlich 60 Meter Seeufer — und für die übrigen rund 600 000, die um den See angesiedelt sind, trifft es pro Nase 4 Zentimeter)...; nicht diese einzelnen Irritationen oder Provokationen lösten die harten Massnahmen des formal Verantwortlichen aus (Sendeverbot für den Pilotfilm «Ruhe» und für die «Lehrlinge»; Absetzen der gesamten geplanten Sendereihe «die kehrseite»): Der Grund für Freis kompromissloses Durchgreifen war unsere Missachtung der herrschenden Fernseh-«Dramaturgie», die sich immer nur an «Einzelphänomene» hält und die Realität nach dem Massstab ihrer fein säuberlich getrennten «Sendegefässe» zerstückelt.

Darum produziert das Fernsehen kaum längere Dokumentarfilme, die geschichtliche Prozesse aufrollen und gesellschaftliche Zusammenhänge aufzeigen..., und darum gab es bei jedem kritischen schweizerischen Dokumentarfilm, der trotz der schwierigen Produktionsbedingungen zustande kam (Die Landschaftsgärtner, Krawall, Schweizer im spanischen Bürgerkrieg, Die Erschiessung des Landesverräters Ernst S.), heftigsten Widerstand der SRG-Verantwortlichen, bis sie die Filme endlich ankauften oder auch nicht ankauften (Mädchenpensionat, Zur Wohnungsfrage 1972, Kaiseraugst u. a.) bzw. ankauften, aber nicht sendeten (Carina, nett, lieb).

Obwohl man uns konkret keinen«Fehler»nachweisen konnte, landete unsere Arbeit von Monaten sozusagen diskussionslos im Archiv. Wir waren echt empört — und wandten uns an die Öffentlichkeit: In der selber finanzierten, knappen Satire «Es drängen sich keine Massnahmen auf» (ein Frei-Zitat) machten wir unsere Leutschenbach-Erfahrungen öffentlich: Trotz direkter Einschüchterung («... wäre weitere Zusammenarbeit sinnlos») gegen uns «freie Mitarbeiter» und gegen den Redaktor (Schweigepflicht!). Die Gewerkschaft SSM (= Syndikat Schweizerischer Medienschaffender) gab es in dieser Form damals noch nicht.

Heute gibt es sie; und in sozialer und ökonomischer Hinsicht ist der SSM auch recht aktiv und erfolgreich; mit den programm-politischen Interessen und Aktivitäten ist es jedoch so eine Sache... Zwar wurde im Zusammenhang mit dem Dindo-Zensurfall (Schweizer im spanischen Bürgerkrieg) von SSM-Leuten die Erfassung möglichst vieler Zensur- und Repressionsfälle gefordert und ein «Haupt-Rechercheur» benannt —; jedoch der löbliche Versuch ist nicht allzu weit gediehen oder gar total versandet.

Mit dieser «Trauerarbeit» kann man sich natürlich nicht «profilieren» — und der politische Druck von rechts nahm ja auch in den letzten Jahren immer stärker zu; und nicht immer ist er so unverhohlen-plump wie von Seiten des «Hofer-Clubs» oder des «Trumpf-Buurs». Da gibt es verstecktere und verdecktere Methoden, die von den Betroffenen oft erst im Nachhinein (oder gar nicht) wahrnehmbar, belegbar und — erst dadurch — auch bekämpfbar sind. Immerhin ist seit der Cincera-Affäre und den telefonischen Nestle-Interventionen ein Teil der helvetischen Öffentlichkeit hellhöriger geworden. (Und auch ein Teil von uns Film- und Fernsehschaffenden haben ein Stück politischer Naivität verloren.)

Doch damit ist noch nicht viel gewonnen —; was ist zu tun? Dem Einzelnen als Einzelkämpfer bleibt allenfalls der Gebrauch von Mitteln, die ihn — jedenfalls bei Misserfolg — leicht kriminalisieren und ins gesellschaftliche Abseits stellen lassen. («Wanzen» bleiben in jedem Fall problematische «Zeugen»; und nicht jeder hat das mimische Talent und die coolen Nerven eines Wallraff!)

Je weniger wir Film- und Fernsehschaffenden uns jedoch als vereinzelte begreifen, die gegeneinander ausgespielt werden können (die Filmschaffenden gegen die Fernsehschaffenden oder die «Festen» gegen die industrielle Reservekompanie der «Freien»); je stärker wir also unsere gemeinsamen Interessen erkennen und in praktische Solidarität umsetzen — und je stärker wir unsere Interessen mit den Interessen der Masse der lohnabhängig arbeitenden Bevölkerung verknüpfen — desto eher werden wir unsere Arbeits-Bedürfnisse durchsetzen.

Die konkreten Ansatzpunkte für eine verstärkte und verbesserte medienpolitische Arbeit sind daher gewerkschaftlich organisierte Berufsgruppen für die Medienschaffenden (von den Filmtechnikern bis zu den Kritikern und von den Fernseh-Angestellten bis zu den Druckern). Nur intensiver Kontakt und Erfahrungsaustausch an der Basis kann einen tragfähigen Sockel abgeben für die längerfristig aufzubauende Mediengewerkschaft.

Für die «Medienkonsumenten», die an ästhetischen Produkten interessiert sind, in denen ihre täglichen Erfahrungen und Wünsche, ihre Ängste und Hoffnungen widergespiegelt werden, besteht in der Organisation in den lokalen Radio-und Fernsehgesellschaften und/oder im ARBUS eine Möglichkeit, sich in die «eigenen Verhältnisse einzumischen».

Diese angedeuteten Auswege aus dem aktuellen medienpolitischen Dilemma sind keine spezifisch «schweizerischen», wie das Dilemma kein spezifisch «schweizerisches» ist. Die beiden folgenden Beiträge handeln denn auch in pointierter Form von Zuständen in einem Land, das nicht nur die Sprache mit uns Deutschschweizern gemeinsam hat. Und da sie von Schweizer Filmemachern geschrieben sind, die vorwiegend im Ausland arbeiten, repräsentieren sie darüber hinaus ein Stück schweizerischer Kulturpolitik, die aus kritischen Kulturschaffenden gern Angepasste oder Fremdarbeitermacht.

II Erwin Keusch: Zum Abschuss freigegeben

Wenn ich mir überlege, was ich so getrieben habe, nachdem wir im Frühjahr 1972 beim Schweizer Fernsehen die Kehrseite unserer «kehrseite» kennengelernt und nachdem Karl Saurer, Hannes Meier und ich uns mit der spontan hingesetzten Anti-TV-Satire «Es drängen sich kein Massnahmen auf» ein bisschen Luft verschafft hatten, so fällt mir dreierlei auf:

1. Wie vergesslich man doch ist

An der Sendung «Wir», einem «erziehungswissenschaftlichen Magazin» des Bayerischen Rundfunks, konnte ich über ein Jahr ungestraft arbeiten. Vielmehr: unbemerkt. Denn die absolute Folgenlosigkeit dieser Sendung, die alle drei Wochen, jeweils Donnerstag 19 Uhr 15 bis 20 Uhr, im 3. Programm ausgestrahlt und von 2-3 % der Zuschauer gesehen wurde, gewährte uns etwas Freiraum. Der Hauptabteilungsleiter schickte denn auch jedes Mal seinen Stellvertreter zur Abnahme, die meist erst am Nachmittag vor der Sendung stattfand, bzw. stattfinden konnte. Denn die Redaktion befand sich in planerischer wie auch fachlicher Hinsicht in einem derart chaotischen Zustand, dass wir als freie Mitarbeiter quasi gezwungenermassen redaktionelle Aufgaben übernahmen. Diesen Vorzug der Selbständigkeit büssten wir jedoch durch einen permanenten Produktionsstress — die Sendungen waren nur deswegen immer rechtzeitig fertig, weil wir sie an den Wochenenden und nachts selber schnitten.

So machten wir also pausenlos Programm und litten höchstens ein wenig unter dem Missverhältnis zwischen unserem Einsatz und dem mangelnden Echo unserer Sendung. Doch eines Abends wurde alles ganz anders. Angelockt wahrscheinlich durch unser Thema («Strafe»), traten gut zwei Stunden vor der Sendung plötzlich unser Redakteur (Abteilungsleiter) und unser Hauptabteilungsleiter persönlich, erbitterte Feinde seit Jahren, in den Schneideraum und wollten sich sozusagen eine Abnahme «liefern».

Und richtig: Als der Hauptabteilungsleiter (HA) nach Ansicht der Sendung fast genüsslich und nicht ganz unerwartet verkündete, sowas könne er leider nicht unterschreiben, sprang unser Redakteur, der unkündbare, der «seit über 12 Jahren für die Interessen der Kinder und Erziehenden im Fernsehen kämpft», auf und verliess nach einigen empörten Ausrufen türschmetternd den Raum. Wir sassen ganz baff — das hätten wir ihm nicht zugetraut. Alle Hochachtung! Doch cool ging der HA zur Tagesordnung über: Wir sollten ihm aus dem Archiv eine Ersatz-Sendung liefern. Nun wollten wir aber auch nicht hintanstehen! Nach kurzer, flüsternder Beratung verlangten wir, dass der Vorgesetzte des HAs sich die Sendung ansehen sollte, und das war, auf Grund der Abwesenheit des Direktors, dessen Stellvertreter, der Chefredakteur des BR.

Während der folgenden kurzen Wartezeit nährten wir unsere Hoffnung auf ein gutes Ergebnis mit Gerüchten, die am Sender gerade gehandelt wurden: nämlich dass der Chefredakteur dem HA nicht ganz grün sei, weil dieser ein Protegé des mit diesem um die Macht buhlenden Direktors sei. Allerdings sind alle drei in der gleichen Partei, wie man ja auch weiss.

Nun, ich will es kurz machen: Der Chefredakteur hatte die Tür des Schneideraums noch in der Hand, als er uns kurz und bündig mit der Frage anredete, ob wir «fest» oder «frei» seien. «Fest sind wir nicht», sagte ich, und schon standen wir auf dem Flur. Irgendwie sind wir dann in der Kantine gelandet. Einer spendierte Kognak für alle. Wir sprachen nochmals anerkennend über den Mut unseres Redakteurs und zerliefen uns dann allmählich. Mir fiel ein, dass ich bei dem schnellen Abgang meine Aktentasche im Schneideraum zurückgelassen hatte. Als ich in den Schneideraum trat, hatte ich eine Vision: Nebeneinander, fast Hand in Hand, so scheint es mir heute, sassen der HA und unser Redakteur und beobachteten die Cutterin bei der Arbeit. Sie hatte ziemlich viel Bild- und Tonmaterial um den Hals hängen und rief, als sie mich sah: «Jetzt ist er da, jetzt können Sie ihn fragen!» Meine Tasche war gar nicht einfach zu finden. Schliesslich entdeckte sie der HA und gab sie mir.

Ich war gerade noch rechtzeitig zu Hause, um die Sendung sehen zu können. Es fehlten 7 Minuten.

Wir hatten vergessen, dass diejenigen, die das Programm machen, noch lange nicht Programm machen.

(Noch ein Fazit: Der Redakteursausschuss (RA), den es beim BR damals noch gab, kam auf diesen Vorfall hin zu dem Schluss, dass ein Mitglied des RA auf Wunsch der Beteiligten bei jeder Abnahme anwesend sein müsste).

(PS: Unserem Redakteur muss man zugutehalten, dass es damals, im Winter 73/74, sehr kalt war draussen und er wahrscheinlich gefroren hat, nachdem er einmal um den Sender gelaufen war.)

2. Wie wenig Grund zum Klagen man doch hat

Jedenfalls haben wir alle einander verziehen und wir vier Freien sassen ein paar Wochen später, bei irgendeiner der folgenden Sendungen, bei der es um die «Sexualität» ging, noch alle beisammen, auch diejenigen, die geschworen hatten: Nie wieder im BR, oder nie wieder mit diesem Redakteur.

Bei diesem Thema war natürlich jeder Fachmann. Insbesondere den HA (ein anerkannter Experte der Pädagogik im weitesten Sinne) sahen wir erneut ganz deutlich auf uns zukommen. Aber auch der Redakteur, der sich bis auf die Straf-Sendung nie um uns gekümmert hat, wollte sich nun aktiv beteiligen. Er liess einen Mann von der Städtischen Erziehungsberatung filmen, der in der Sendung gegen meinen Film und gegen das Verhalten der darin gezeigten Kinder Stellung beziehen sollte. Dagegen hatten wir nicht das geringste einzuwenden. Denn wir waren der sicheren Meinung, dass gegen die wunderbare Spontaneität der Kinder kein noch so wissenschaftlich verbrämtes Räsonieren helfen würde.

Mit diesen Kindern hatte ich wirklich Glück. Zu viert haben sie zwei Tage in einem Zimmer gespielt. Wir haben 2 Kameras aufgestellt, eine total, eine halbtotal. Wir haben Schwarzweiss-Material verwendet und es mit 30 Din belichtet, so dass wir keine Lampen brauchten. Das Team sass nebenan, und ich bin alle 10 Minuten reingegangen und habe die Kassetten gewechselt. Es entstand ein 20 Minuten langer Film, in dem die Kinder spielten, sich prügelten und sich liebten. Natürlich haben sie auch etwa 5 Minuten lang Doktor gespielt. Man konnte ungefähr erkennen, wie die einzelnen Kinder (3-6 Jahre) erzogen waren, welche Stärken und Schwächen sie (schon) hatten. Eine Kollegin drehte dann als folgenden Teil der Sendung eine Diskussion der Eltern mit einer Psychologin.

So weit, so gut. Wir waren der einhelligen Meinung, dass wir eine schöne, interessante Sendung machen würden und freuten uns, denn wir waren zur Abwechslung mal zwei Tage vor Sendung fertig. Wir warteten bloss noch auf den Erziehungsberater, dessen erster Versuch leider schiefgelaufen war. Statt uns das erwünschte Gegengewicht zu bilden, schien er sich plötzlich selbst zu widerlegen, so dass wir fürchten mussten, man könnte uns seine Ausführungen als bewusst eingesetzte Satire unterstellen. Also nochmal.

Beim Warten in der Kantine machten wir die Bekanntschaft einer Reporterin von der Münchner Abendzeitung, einem «liberalen Boulevardblatt». Ich kam auf die blödsinnige Idee, dieser Frau die Sendung vorzuführen, die ja vollständig war bis auf die Konter des Erziehungsberaters. Auf diese Weise hätten wir am Tag der Sendung einen Hinweis in der Zeitung gekriegt und am andern Tag dann eine Kritik. So sollte es sein, das schwor sie mir Stein und Bein, die Reporterin von der AZ, die von der Sendung ganz angetan war und sehr wohl wusste, dass diese Visionierung, gelinde gesagt, inoffiziell war.

Am andern Morgen fuhr ich um 5 Uhr 30 in den Schneideraum, wo wir uns verabredet hatten, um den zweiten Versuch des Erziehungsberaters in die Sendung zu schneiden. Unterwegs, auf den noch leeren Strassen, schrie mir von jedem Plakat, das die AZ-Zeitungsständer schmückt, die Schlagzeile entgegen: «Heute abend heisser Kinder-Sex im Fernsehen!»

Der Erziehungsberater sah immer noch schlecht aus neben diesen Kindern, aber jetzt musste er halt so rein, wie er war. Ich glaube sogar, die Sendung wurde am späten Vormittag auch abgenommen vom HA (ich war da schon weg und drehte irgendwo im Bayerischen Wald für die Red. «Landwirtschaft»), aber am Nachmittag setzte der Fernsehdirektor die Sendung ab und am Abend verkündete die Ansagerin, die Sendung könne nicht stattfinden wegen der Indiskretion eines Mitarbeiters usw.

Mir selber übermittelte der Redakteur mit Grabesstimme, der HA habe ihm gesagt, der Fernsehdirektor habe gesagt, ich dürfe beim BR nicht mehr arbeiten.

Der Redakteursausschuss und die Gewerkschaft RFFU, (Rundfunk-, Film- und Fernseh-Union), bei der ich Mitglied bin, baten den Direktor daraufhin schriftlich, seinen Beschluss zu revidieren. Der Direktor empfing mich zu seinem Gespräch, bei dem er zunächst den Bemühungen von RA und RFFU jegliches Gewicht, seine Entscheidung betreffend, absprach. Das Eingeständnis meines Fehlers und meine, durchaus ernst gemeinte, Beteuerung, in Zukunft den contrat social/moral zu beachten (bzw. die Presse zu meiden), überzeugte ihn schliesslich, so dass ich es dann schriftlich hatte, dass ich beim BR wieder arbeiten durfte.

Merke: Wenn man Fussball spielen will, darf man natürlich nicht ins Abseits laufen.

Und ein Epilog: Kurze Zeit später wurden wir alle, der HA, der Redakteur und ich zum Direktor gebeten, der sich mit uns die Sendung doch noch ansehen wollte (er kannte sie ja noch nicht — schliesslich muss er wissen, was er absetzt). Es wurde eine interessante Unterhaltung über «Dokumentarisches» und über «Voyeurismus». Es war ihm klar, dass er diese Sendung nicht hätte durchgehen lassen können, und im Nachhinein war er froh, dass er sie abgesetzt hatte. Als ich ging, hatte ich den Eindruck, dass er mich fast ein bisschen mochte. Möglich auch, dass ihm die ziemlich heftig geführte Auseinandersetzung mit mir Spass gemacht hat (Guido Frei würde sagen: kontradiktorisch, will sagen, jeder sagt offen, was er meint), während sich der Redakteur und der HA doch eher weinerlich über den schlechten Stil, der im Hause herrscht, ergingen.

Hinterher sassen der Redakteur und ich noch in der Kantine (das BR-Funkhaus wird von der Firma «Mövenpick» bekocht) und nahmen einen schönen Salat. Er meinte, wir sollten vielleicht mal ein halbes Jahr Pause machen und dann ganz NEU beginnen. Wir hätten ja viele schöne Sachen gemacht, nur vielleicht manchmal ein bisschen zu intellektuell.

3. Wie viele individuelle Auswege (Redaktionen) es doch gibt

Doch diese Pause war nicht nötig; unser Team zerstreute sich bereits in alle Winde. Ein Kollege wurde fest angestellter Redakteur beim SFB, eine Kollegin und ich erhielten einen Ruf an das ZDF-Magazin «Kinder-Kinder».

Da waren wir wiederum ein Team von zumeist vier Freien: zwei, die etwas vom Film verstanden (denen neigte der Abteilungsleiter zu), und wir beide aus München, die auf Grund ihrer Vorbelastung mehr die gesellschaftsbezogenen Themen machen sollten. Diesmal hatten wir einen sehr kameradschaftlichen und ordentlichen Redakteur, der allerdings häufig sehr melancholisch gestimmt war in dem Palast, den sich das ZDF auf den Mainzer Lerchenberg gesetzt hatte (ein vollklimatisiertes, etwa 20-stöckiges Gebäude, dessen Fenster sich nicht öffnen lassen; das Essen in der ein wenig im Pub-Stil eingerichteten Cafeteria hat fast das Niveau der Kantine des Schweizer Fernsehens — jedenfalls haben wir zwischen den Redaktionssitzungen immer ordentlich gezecht).

Es ging da eigentlich immer gut, auch am «Schluss» noch. Da hatten wir das Thema «Selbständigkeit». Ich hatte in einigen Jugendgruppen recherchiert und trug die Ergebnisse vor. Die Redaktion und die Kollegen fanden dann, ich sollte einen Film machen über eine DGB-Jugendgruppe, vielmehr eine Betriebsgruppe von Lehrlingen der IG-Metall, die gerade Aktionen und eine Demonstration gegen die Jugendarbeitslosigkeit durchführten und planten. Einige dieser Jugendlichen taten dies, obwohl ihre Eltern dagegen waren: Selbständigkeit. Einzige Auflage: Keine roten Fahnen usw., das ist ja logisch.

Der Film wurde dann auch ganz hübsch, drehte sich hauptsächlich um einen 16-jährigen und um dessen Eltern, die sich kontradiktorisch verhielten. Der Junge, einen Kopf grösser als seine Eltern, ein bedächtiger fröhlicher Bayer, war sehr nett. Es war ihm ein echtes menschliches Anliegen, sich für arbeitslose Kollegen einzusetzen. So weit, so gut.

Der Film wurde, glaube ich, ohne Beanstandung abgenommen und gesendet.

Danach sollte ich mal für eine Sendung pausieren (es wollten immer mehr Leute bei dieser Sendung mitarbeiten, und so sollte jeder von uns mal pausieren; einer der Kollegen hatte jedoch eine Firma und produzierte seine Beiträge im Auftrag. Da er mit dem Abteilungsleiter sehr eng befreundet war, weiteten sich seine Anteile immer mehr aus, bis er schliesslich so 2/3 der Sendezeit und des Etats zur Verfügung hatte und aus der Sendung nicht mehr wegzudenken war). So wunderte ich mich nicht, dass dann in der nächst folgenden Sendung auch kein Platz war für mich (ich arbeitete auch längst schon an etwas anderem). Erst als die ganze Sache schon ziemlich weit von mir entfernt war, kam mir zu Ohren, dass der Abteilungsleiter wegen meines DGB-Beitrags einen bösen Brief erhalten habe, in dem von ROTEN FAHNEN die Rede war. Da er sich wohl nicht mehr an den Film erinnern konnte, nahm er an, dass in dem Film tatsächlich rote Fahnen drin waren, und mir fiel ein, dass jemand, der einen Farbfernseher besitzt, sehr wohl entdeckt haben mochte, dass die Lehrlinge mal in einer Einstellung zu sehen waren, wo sie am Boden knien und ein Transparent beschriften, und das war aus rotem Tuch.

Ich hatte nun aber keine Lust mehr, mich mit dem etwas drückebergerischen Abteilungsleiter auseinanderzusetzen, zumal der Redakteur, mit dem ganz nett zu arbeiten war, inzwischen für die Friedrich-Naumann-Stiftung nach MAROKKO gegangen war, um dort einheimische Journalisten auszubilden.

Erneut bedenkliches

Vor etwa zwei Jahren habe ich zusammen mit zwei Kollegen ein Drehbuch geschrieben: ZUM ABSCHUSS FREIGEGEBEN. Ein ziemlich angepasster freier Mitarbeiter eines TV-Magazins soll irgendeinen 10-Minuten-Beitrag über einen Sozialarbeiter reindreschen. Dummerweise kriegt der gerade während der Dreharbeiten Berufsverbot. Und was macht unser Freier? Hält er sich da raus, oder...? Naja, man kann es sich jetzt denken. Ohne Selbstgefälligkeit: Das Buch hat viele hübsche Szenen, die in Schneideräumen, TV-Kantinen und Redaktionen spielen. Es ist auch die Geschichte zweier Männer, die an sich viel Gemeinsames entdecken: ein freier Mitarbeiter und ein Sozialarbeiter mit Berufsverbot. Das Buch hat nicht nur uns Spass gemacht. Überall — beim WDR, bei der Bavaria, beim ZDF — stiessen wir auf grosses Interesse, bloss: Man kann es nicht machen, leider. Es ist ganz aussichtslos, bei irgendeinem Intendanten eine Stoffzulassung zu bekommen. (Ex-WDR-Intendant von Bismarck verbot per Erlass den Gebrauch des Wortes Berufsverbot.)

Als ich mit Christian Weisenborn den ersten 45-minütigen Teil unserer Langzeitbeobachtung über jugendliche Fussballer fertiggestellt hatte, erschrak der Redakteur. Er sah unseren Kommentartext: Es waren bloss zwei Seiten. Wir wollten aber partout die Spieler selber reden lassen und nicht sie kommentieren. Der Redakteur gab sein Plazet, aber seine Vorgesetzten lehnten den Film in dieser Fassung ab («die Jungs reden zu wenig gut»). Das kostete uns 50 % der Auftragssumme. Beim nächsten Mal konnte uns das nicht mehr passieren: Wir schrieben 17 Seiten Kommentar. Man war sehr zufrieden mit uns, und bezahlt haben wir 100 % gekriegt.

Und nun habe ich Idiot angefangen, ein Stück für eine 6-teilige ZDF-Serie zu schreiben. DIE NEUE ARMUT IN DER BRD wird produziert von einem Münchner Auftragsproduzenten, und wir essen zwischen den Redaktionssitzungen immer sehr gut im «Haberer» in Schwabing, einem Lokal, das auch schweizerische Gerichte serviert und sich durchaus mit unserem Standard messen kann. Die Kollegen (wir sind vier Schreiber) und ich nehmen immer die Sachen ganz unten auf der Karte. Meistens sind dann noch etwa vier Herren vom ZDF dabei, und der Produzent muss ganz schön blechen.

Das Dumme ist, dass man nicht einfach einen Buch-Vertrag kriegt, sondern alles so häppchenweise. Erst 1000 für Recherchen, dann 1000 pro Exposé (es werden etwa doppelt so viele gemacht, damit man nachher auswählen kann), dann 2000 fürs Treatment (auch da werden zu viel gemacht; irgendeiner arbeitet also immer «umsonst»), dann 2000 fürs Drehbuch — und den Rest bei Abnahme des Buches. D. h. also, wenn z. B. das Treatment nicht akzeptiert wird, kriegt man die 2000, die dafür vorgesehen waren, nicht. Die gewünschten Änderungen kosten einen aber vielleicht einen Tag Arbeit — also macht man’s. Mein Treatment war einigermassen o. k., aber der Ablauf «stimmte» nicht. Ich konnte ihnen genau erklären, weshalb ich den von ihnen vorgeschlagenen Ablauf, den ich sehr wohl kenne (es ist die alte Novellen-Dramaturgie, die man in jeder Serie findet und auch in der Süddeutschen Zeitung im Lokalteil), nicht gut finde. Ich bringe das auch gar nicht, das weiss ich leider. Aber gut: Ich sollte einen neuen Ablauf schreiben. Am nächsten Morgen setzte ich mich mit leerem Kopf vor ein leeres Blatt. Dann hämmerte ich bin 35 Minuten einen neuen Ablauf in die Maschine.«Wirst sehen, jetzt passt’s ihnen», sagte ich zu meiner Frau, als ich damit losfuhr. Und so war es. Als ich das mit den 35 Minuten sagte (und auch meinte, wir hätten uns sehr viele Besprechungen und Recherchen sparen können — allerdings auch viele gute Essen), da wurden sie doch nachdenklich. «Klar muss es so sein, wie wir es wollen, Herr Keusch — aber wir möchten auch, dass Sie sich 150 %ig damit identifizieren können!»

Da sitz ich nun und muss bis Ende Monat dieses Buch schreiben, das ich so eigentlich gar nicht schreiben kann. Ich hab noch gar nicht damit angefangen.

... und trotz allem: Immer wieder neue Anläufe

Am 16./17. April 77 veranstalten wir, die Filmgruppe «Das Team», ein Arbeitstreffen für alle «freien und unabhängigen Filmschaffenden», an dem es vorrangig um die gewerkschaftliche Organisation der Freien geht (ein ähnliches Treffen Ende letzten Jahres in Düsseldorf wurde von 130 Teilnehmern besucht). Es gibt vier Arbeitsgruppen/Seminare (mit den entsprechenden Referenten) zu den folgenden Themen:

1. Gewerkschaftliche Organisation

2. Filmförderung

3. Kommunale Medienarbeit

4. Maulkorb und Selbstzensur.

München, Ostermontag 1977

Erwin Keusch

III Hannes Meier: Von der vermeintlichen Freiheit des Fernsehproduzenten

Der freie Mitarbeiter Ff. ist zwar kein Revoluzzer, aber seine Neigung, Sauereien nicht in journalistische Watte zu verpacken, sondern gar in grössere Zusammenhänge zu stellen, trug ihm manchen Ärger ein. Dabei erfuhr er Zensur meist als kaum fassbares, leichtflüchtiges Wesen, das sich dem Zugriff nach oben entzog: Der Redakteur: «Ganz deiner Meinung, gutrecherchierte Story, aber du kennst ja unsern Abteilungsleiter — damit komm ich nie durch!» Der Abteilungsleiter: «Sicher ist da viel Wahres dran. Aber ist unser Zuschauer so aufgeklärt, weiss er um die Komplexheit der Zusammenhänge? Unser Programmdirektor wird sagen...»

Dieser freie Fernsehmitarbeiter H. ergreift dankbar die Gelegenheit, als Auftragsproduzent ein noch freierer Mensch zu werden. Immer mehr gehen Sendeanstalten nämlich dazu über, gewisse Themen, besonders sogenannte «Features» (Dokumentationen von 43 Minuten Länge) als «Aufträge» zu vergeben. Der Freie erhält dann auf Grund eines Exposés eine bestimmte Produktionssumme und liefert dafür einen sendefertigen Film. Er holt sich seinen Stab vom freien Markt, handelt mit ihm ein Honorar aus, braucht sich nicht um Arbeitszeiten etc. zu kümmern und behält am Schluss als seinen Arbeitslohn, was von der Produktionssumme übrigbleibt. Er ist also Unternehmer, sein Profit hängt von den Produktionsumständen, von seinem kaufmännischen Geschick und oft genug von der Fähigkeit ab, Mitarbeiter wohlfeil arbeiten zu lassen. Dabei liegt sein Einkommen möglicherweise weit über dem Honoraransatz freier Mitarbeiter; wenn er Pech hat und sich den Mitarbeitern gegenüber nicht als ausbeuterisches Zwischenglied versteht, kann er natürlich auch «baden gehen». Das alles interessiert den Sender jedoch nicht — der Auftragsproduzent muss nur einen sendefähigen Film abliefern.

Nun, der zum Miniproduzenten aufgerückte freie Mitarbeiter H. genoss es, endlich an der langen Leine der Abteilung zu laufen, unabhängig zu sein vom oft bürokratisierten Produktionsapparat des Senders, und da er sich auch nicht als Ausbeuter seiner Mitarbeiter verstand, durfte er sich am Engagement seiner «Techniker» freuen.

Das ging eine Weile gut, bis H. eines Tages einen Film über das Leben in einer Kleinstadt ablieferte. In diesem Film wurden gewisse Verfilzungen zwischen örtlichen Behörden und Unternehmern dargestellt, die den Unternehmer in die Lage versetzten, gesetzliche Vorschriften (Umweltschutz, Betriebsverfassungsgesetz), die seinem Gewinn abträglich waren, ungestraft ausser Acht zu lassen. Konkret: Der Staub in der vorgeschriebenen Filteranlage wurde täglich zur selben Stunde durch den Hochkamin geblasen (ein schönes Bild); Betriebsräte wurden nicht von der Belegschaft gewählt, sondern vom Unternehmer ernannt. Als nun ein Angestellter die «Frechheit» hatte, sich via Gewerkschaft als Betriebsrat-Kandidat aufstellen zu lassen, wurde er — gesetzwidrig — fristlos entlassen. Dies alles war gründlich recherchiert. Der betroffene Unternehmer jedoch suchte und fand ein Haar in der Suppe. Im Kommentar hiess es: «Der Entlassene war darauf ein halbes Jahr lang arbeitslos.» Das stimmte aber streng-juristisch nicht, denn Herr X hatte zehn Tage lang einen Nebenjob als Investmentvertreter angenommen, nachdem ihn die ganzen Unternehmer des Bezirks gesperrt hatten. Der Unternehmer erstattete Anzeige gegen den Sender: falsche Tatsachenbehauptung. Doch nun sollte unser Auftragsproduzent H. sein blaues Wunder erleben. Der Sender zog nämlich den Vertrag aus der Schublade, den H. wie viele andere kaum durchgelesen aber unterschrieben hatte, und verwies den Kläger auf Ziffer 9, Absatz 2, der den Sender ausdrücklich von allen «Schäden», die durch Erfüllung dieses Vertrags «entstehen könnten, ausdrücklich freistellt».

Dem klagenden Unternehmer war dies nur recht. Anstatt gegen einen mit unbeschränkten Prozessmitteln und besten Rechtsanwälten ausgestatteten Sender prozessierte er nun gegen den filmenden Kleingewerbler H. Auf eigene Kosten übernahm H. den teuren Rechtsverteidiger des Senders. Der wurde mit dem Anwalt des Prozessgegners schnell über die Höhe des Streitwerts einig: 100 000 DM — vom Richter dann gesenkt auf 15 000 DM — für den Nebensatz im Filmkommentar. H. wusste noch nicht, dass der «Streitwert» für die Höhe des Anwaltshonorars und der Gerichtskosten ausschlaggebend ist. Im weiteren Prozessverlauf versuchte H.’s Anwalt erfolgreich, die ganze Geschichte als Bagatelle abzutun; der Richter schlug einen Vergleich vor: Jeder zahlte seinen Anwalt und die Hälfte der Gerichtskosten. Der klagende Unternehmer verliess den Gerichtssaal trotzdem mit der frohen Gewissheit, dem vorwitzigen H. einen Denkzettel verabreicht zu haben. Denn H. zahlte die fast 2 000 DM, die auf ihn entfielen, nicht aus der Westentasche.

Seither überlegt sich H., ob er im Auftrag der öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten sich gewisse Themen von öffentlichem Interesse finanziell noch leisten kann. Zwei Versicherungen, die H. um eine Rechtsschutzversicherung anging, lehnten dankend ab. Für fernsehmachende Kleingewerbler wie H. wäre es sinnvoll, sich in einer Mediengewerkschaft mitzuorganisieren. Doch solange es den Anstalten noch gelingt, feste Fernsehmitarbeiter geschickt gegen «Auftragsproduzenten» auszuspielen, solange letztere auf freier Wildbahn sich über gewerkschaftlich erkämpfte Vereinbarungen (z. B. Arbeitszeitregelung) hinwegsetzen (auch hinwegsetzen müssen, um mit den mageren Produktionssummen überhaupt noch einen Film zustande zu kriegen), solange hat eine Gewerkschaft wie die RFFU (Rundfunk-, Film- und Fernseh-Union) offenbar wenig Interesse an einem Bündnis. Im Gegenteil: Frustrierte Realisatoren, Kamera- und Tonleute, Cutterinnen usw., die als Festangestellte immer mehr auf «Aktualitäten» abgeschoben werden, während interessante (teure) Themen ausser Haus gegeben werden, zwingen die Gewerkschaft zur Konfrontation gegen die Auftragsproduzenten. Eigentlich ein schlechter Scherz, denn ausser wenigen Grossfirmen und einigen geschäftstüchtigen schwarzen Schafen steht das auftragsproduzierende Kleingewerbe schlechter da als freie Mitarbeiter: sozial, juristisch, oft auch finanziell.

H. hat sich vorgenommen, mit ein paar Kollegen diesen Pseudo-Antagonismus von Leuten, die eigentlich am selben Strick ziehen sollten, abzubauen.

MUSELIERE ET AUTOCENSURE ALA TELEVISION

Dans un premier article, Karl Saurer démontre à quel point, dans notre société axée essentiellement sur les lois du marché et où tout tend à maintenir l’ordre et la tranquillité, il est difficile — voire impossible — de situer — dans une émission TV — certains défauts, certains points faibles de cette société, en les plaçant dans un contexte plus vaste, montrant certains rapports, certains liens, certaines «ficelles». C’est sans doute pour éviter cela (une analyse en profondeur), donc pour rester superficielles, que les émissions documentaires doivent se contenter d’être des courts — ou tout au plus des moyens-métrages. En tout cas l’affaire Cincera ou les interventions téléphoniques de Nestlé ont quand même réussi à mettre la puce à l’oreille du public et le faire prendre conscience de certains phénomènes. Et les cinéastes aussi bien que les collaborateurs de la télévision (les «fixes» et les «indépendants») ont, quant à eux, pris conscience qu’ils devaient s’unir (plutôt que de se laisser utiliser les uns contre les autres) et lier plus étroitement leurs intérêts à ceux de la masse des salariés. La meilleure solution serait de réunir tous les professionnels travaillant dans le domaine des mass-médias (cinéastes, réalisateurs TV, techniciens, critiques...) en un «syndicat des médias». Quant aux «consommateurs» de ces médias, ils auraient la possibilité de défendre leurs intérêts en adhérant à des sociétés locales de radio et de télévision. Dans un deuxième article, Erwin Keusch nous livre ses expériences comme collaborateur libre de la télévision bavaroise (obligation de produire continuellement et vite, mais avec une liberté relative, jusqu’au jour où il réalise une émission sur «La punition» et, plus tard, une autre sur «La sexualité») et la deuxième chaîne allemande (difficultés après une émission sur «L’indépendance»). Un scénario très intéressant (l’histoire d’un journaliste TV réalisant un reportage sur un assistant socialfrappéd’interdit detravaildurantletournagede l’émission) suscité partout beaucoup d’intérêt, mais ne parvient nulle part à obtenir le feu vert nécessaire à sa réalisation. Autre expérience: un projet d’émission (avec peu de commentaire) où les protagonistes ont la possibilité de s’exprimer eux-mêmes est refusé; avec un commentaire plus volumineux (et plus dirigeable), les projets passent. Actuellement Keusch travaille à une série de six émissions, «La nouvelle pauvreté en RFA», pour la deuxième chaîne allemande et est obligé — puisque recherches, exposé, treatment, scénario etc. sont payés séparément, une fois acceptés — de tenir compte d’un tas de remarques et de demandes de modifications (venant de la part des responsables de la TV) qui vont à rencontre de ses idées et convictions. Au mois d’avril de cette année, Erwin Keusch a réuni (avec le groupe cinématographique «Le Team») des cinéastes «libres et indépendants» afin qu’ils puissent mettre sur pied leur organisation syndicale.

Dans un troisième article, Hannes Meier parle de la situation du producteur indépendant qui réalise des «features» pour la télévision, jouissant d’une agréable liberté quant à l’organisation du travail, mais portant en même temps les responsabilités (juridiques) en cas de réclamations ou de plaintes (pénales). Il suffit alors, pour rendre inoffensif un producteur qui a eu l’audace de se lancer sur un sujet brûlant avec un esprit trop vif et trop critique, de lui faire prendre un bon bouillon en lui collant un procès coûteux (— on trouvera toujours la petite bête —); on peut, par la suite, être sûr et certain qu’à l’avenir il réfléchira deux fois pour savoir s’il peut se permettre le luxe (financièrement) d’aborder certains sujets d’intérêt publique. Là aussi, une organisation syndicale est la seule solution possible. (AEP)

Erwin Keusch
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
Hannes Meier
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
Karl Saurer
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
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