PETER SCHNEIDER

DER RECHTE WEG (PETER FISCHLI, DAVID WEISS)

SELECTION CINEMA

Nach Der geringste Widerstand, einer Super-8 Produktion, in der ein Bär und eine Ratte in Kalifornien hintersinnige Kunstgespräche führten und High-Life am Swimming-pool pflegten, haben Peter Fischli und David Weiss nun die beiden blitzgescheiten Tiere auf den rechten Weg in die Urlandschaften der Alpen, Wildbäche, Heiden, Höhlen, Sümpfe und Gletscher geführt. Die Ratte wohnt mit ihrem Feuer an ihrem Platz in ihrer Höhle mit ihrer Ziege und erklärt dem dazukommenden Bären ihre Abkunft: Sie stammt aus einer dicken Wurzel. Die beiden machen sich auf zu einem Spaziergang, werden von einem Gewitter überrascht, erinnern sich schwimmend in einem unterirdischen See daran, wie sie einmal von zuhause weggelaufen sind und werden prompt über einen Wasserfall hinuntergerissen. Sie gehen auf die Jagd, sammeln Beeren, Wurzeln, Fische, Fliegenpilze, erwischen eine tote Maus (“Manchmal muss man Dinge schlucken, die einem schwerfallen, Sachen tun, die man nicht versteht.”) und ein Ferkel, das sprechen kann: Zweimal Grunz heisst nein, einmal Grunz heisst ja. Die Ratte macht einen “Riesenfehler”, haut zusammen mit der Sau ab und muss nach Verspeisung des Ferkels jämmerlich erbrechen: “Warum kann ich nie so richtig fröhlich sein?!“ Die beiden finden wieder zusammen, baden im See unterhalb des Matterhorns, helfen einer auf dem Rücken liegenden Schildkröte wieder auf die Beine: “Wie gut du bist! - Das hätte ich auch gemacht. - Schau, wie der Freude hat!” Auf dem Gletscher geraten sie in einen Schneesturm, um dann bei Sonnenuntergang über dem Nebelmeer Musik zu machen: “Meinst du, man hört uns? Wir müssen noch lauter werden.”

Souverän und unbefangen verdrehen Peter Fischli und David Weiss Gedanken, Fragen und Verhaltensweisen mit trockenem, schwarzem Humor in die Groteske und kreieren damit jene Leichtigkeit, wo sich Sinn und Unsinn dergestalt die Waage halten, dass der Zuschauer in die freiheitliche Lage kommt, selber assoziierend Filmsätze einander kommentieren zu lassen. Spröde brummeln zwei Schauspieler letzte Weisheiten vor sich hin (“Glaubst du, dass das Glück mit der Herstellung und Verteilung von Ware erreicht werden kann? - Wenn alles so bleibt, wie es ist, wird es gut. ”), weisen jeden Gedanken in die Schranken der Vorläufigkeit und Fiktion und höhlen damit jene Konvention des Wortes aus, welche Sinn als unverrückbar und feststehend verstanden haben will. Die beiden Tiere weisen auf den rituellen Charakter von Verhalten und Sprechen hin und bewirken mit dieser Demonstration der Maschinerie von Intellekt, selbstgefälligem und hinterlistigem Tun jene befreienden Lacher, welche in der Ironie die Beschränktheit von Reden und Handeln, aber darin auch gleichzeitig die Möglichkeit, überhaupt zu existieren, erkennen.

Peter Schneider
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
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