EDUARD WINIGER

ANGELES CON HAMBRE — HUNGRIGE ENGEL

ESSAY

Als Auftragsfilmer in Lateinamerika, eine unverhoffte Rückblende in die 50er Jahre und ein Filmprojekt über die Arbeiten des Optikers und Filmemachers Marcel Reichenbach, eines Auslandschweizers in Guatemala.

Ein Filmfestival der sogenannten Dritten Welt

Wer sich für das Filmschaffen der lateinamerikanischen Länder interessiert, wird sich — unabhängig von politischen Ansichten oder Aversionen — am jährlichen „Festival del Nuevo Cine Latinoamericano“ in Havana einen Eindruck, einen Überblick verschaffen. Selbst wer nicht als Cinephiler hinreist, aber als faszinierter Beobachter der lateinamerikanischen Realität, wird in der zehn- bis vierzehntägigen Konfrontation mit einer Unzahl von Werken jeder Filmgattung aus jeweils gegen zwei Dutzend Ländern Süd- und Zentralamerikas sowie der Karibik, einem fast unerträglichen Wechselbad an Emotionen ausgesetzt. Ein psychedelisches Kaleidoskop im Zeitraffertempo, eine Reise durch Raum und Zeit, die nicht nur den Besucher aus Europa überfordert und sein Selbstverständnis immer wieder in Frage stellt; ein sonst eher nüchternes Festival, das einer kontinentalen Werkschau gleichkommt.

Die entscheidende Erfahrung liegt dabei in der Beobachtung, dass die lateinamerikanischen Filmemacher nicht nur thematisch trotz Repression, Armut und Diktatur in jeden erdenklichen Bereich vorstossen, sondern dass sie gleichzeitig in einem intensiven Prozess der ästhetischen Befreiung stehen. Mit viel Verspätung im Vergleich zur Literatur des Kontinents lösen sie sich von den ihrem Denken und ihrer Kultur fremden europäischen oder nordamerikanischen Vorbildern, die sie mit der Filmtechnik und dem Bildungskolonialismus der obern Statthalterschicht übernommen haben, und suchen das revolutionäre Denken im Sinne einer ganzheitlichen Befreiung als ästhetisches Prinzip auch in der Syntax zu verwirklichen. (In der Literatur und z.B. auch in der Befreiungstheologie verlaufen die Impulse bereits umgekehrt in Richtung Alte Welt; in anderen Bereichen, wie etwa dem Film, könnte sich ein ähnlicher Dialog entwickeln, wenn wir empfänglich wären.)

In diesem Prozess auch gerade der künstlerischen und kulturellen Befreiung der „Peripherie“ von den „Zentren“, der der wirtschaftlichen Befreiung vielleicht vorausgehen muss, sind die vielen Konferenzen und Gespräche am Festival von grosser Bedeutung.* Nicht nur Filmemacher, sondern auch Kulturschaffende und Intellektuelle der meisten lateinamerikanischen Länder, die sich oftmals als einer einzigen grossen Nation angehörig fühlen, finden sich ein. Was in einem Land kulturell oder politisch vor sich geht, betrifft alle. Das Schweigen eines Landes betrifft ebenfalls alle. Doch davon später.

Als filmender Europäer in Lateinamerika

Mein Staunen vor der Produktivität und ausgereiften Eigenständigkeit, vor der Authentizität der in eigener Sache sprechenden Cineasten war vermischt mit dem Gefühl, Teil eines Medienwesens zu sein, das aus meist merkantilen und damit verbundenen politischen Absichten sich in jede Kultur, in jeden entlegenen Winkel dieser Erde vordrängt und einmischt.

Seit ich 1977 einen achtundsechziger Traum wahrmachte und neun Monate durch Lateinamerika gereist war — eine Reise auch durch Aspekte der europäischen Geschichte —, bin ich oft auf diesen Kontinent zurückgeschickt worden, als Lohnabhängiger, um Auftragsfilme zu drehen, d.h. Bilder dort herauszuholen wie aus einem Steinbruch, aus einer ergiebigen Gold- und Silbermine für Unternehmen, die mit „audiovisuellem Material“ als Ware handeln, oder für Organisationen, welche sich daraus jene Mythen zimmern, welche ihrem Selbstverständnis und Wachstum gedeihlich sind. So habe ich „Kriegsschauplätze“ gefilmt, in Lazaretten, Lagern, Elendsvierteln, Flüchtlingscamps und in anderen fotogenen Zonen, und habe als Auftragsfilmer jedesmal mitansehen müssen, wie nicht die Anliegen der Gefilmten, sondern die Kriterien der Auftraggeber die Gestaltung und den Verwendungszweck bestimmten, dass mein Versuch, die Würde und Integrität der Menschen zum Thema zu machen, in der fremdbestimmten Montage zusammenbrach und die Menschen zu Statisten ihres ihnen entwendeten Dramas wurden, Gesichter verwandelt in Szenerie, Versatzstücke, Ware. In der wohlmeinenden Absicht, wie meist in der Drittwelt-Berichterstattung, brauchbares Mitleid zu erwecken: eine besondere Art des Rassismus, die karitative Variante, zur Nährung des Ethnozentrismus.

Die lateinamerikanischen Filmemacher — wie die Kollegen des übrigen Tri-konts — produzieren jedes Jahr Hunderte von Filmen; die meisten bleiben uns vorenthalten, obwohl viele ohne komplizierte Adaptation auch für ein europäisches Publikum nachvollziehbar wären. Wir müssen vorliebnehmen mit Dutzenden von immergleichen Lateinamerika-Berichten, Steinchen in der Karriere ihrer Regisseure, effektvoll zusammengebaut aus Versatzstücken, Gemeinplätzen, Action, Scoops und Exklusivinterviews in jenem zur Verknöcherung tendierenden, von Machern und Publikum anscheinend ein für allemal als „realitätsnah“ akzeptierten Reportage-Stil der entsprechenden Sendegefässe.

Das Unbehagen führt manchmal zu einem anderen Produktionsverhalten: so hat die RAI (ital. öffentl. rechtl. TV) in den sechziger Jahren, als seine Mittel noch nicht so gebunden waren im Clinch mit den privaten Kommerzsendern, eine ganze Reihe lateinamerikanischer Spielfilme mitfinanziert oder produziert; im Dokumentarbereich gibt es Beispiele deutscher, schwedischer, spanischer u.a. Fernsehanstalten; Central-TV, London, hat für eine angelaufene jahrzehntelange Produktion („Destruction of the World“-Series) ein ganzes Jahr eingesetzt, um brasilianische und britische Filmer einen Arbeits- und Gestaltungsstil entwickeln zu lassen.

In der Schweiz hat — auf individueller Ebene — z.B. Stefan C. Kaspar mit der peruanischen Filmgruppe Chaski eine Zusammenarbeit und eine Vermittlertätigkeit aufgebaut.

Ich war mit einem ähnlichen, diese Fragen thematisierenden Projekt unterwegs und befand mich bei Jorge Silva und Marta Rodriguez in Bogota, als sie vom Tod ihres Freundes Kos Koster erfuhren. Koster war Theologe und Journalist und vor allem als Lateinamerika-Berichterstatter tätig für die Interchurch Broadcasting Corporation (IKON) in Holland. Seit er 1973 im Stadion von Santiago de Chile als inhaftierter Journalist nur knapp der Erschiessung entgangen war, galt seine Filmarbeit vor allem den Menschenrechten und den Folgen der Weltwirtschaftsunordnung. Zehn Jahre später wurden er und drei seiner Mitarbeiter in El Salvador in einen Hinterhalt gelockt und liquidiert. Dank seinem Zugang zu unseren Medien hat er als „Treuhänder“ die Anliegen der Sprachlosen vertreten und gleichzeitig einheimische Filmschaffende auf der Suche nach einer eigenen Ästhetik, einer eigenen Sprache und auch eigenen Produktionsmitteln gefördert. Jorge und Marta hatten z.B. ihren Steenbeck-Schneidetisch von ihm erhalten, per Schiff.

In der Folge erarbeitete ich ein Exposé zum Thema „La protection des journalistes en mission périlleuse dans les zones de conflit armé », wie das Problem im humanitären Völkerrecht umschrieben wird, in den Genfer Konventionen von 1949 (art. 13,1., 2., 3. Konvention), sowie im Zusatzprotokoll I von 1977 (art. 79 und 50). Die Recherchen machten klar, dass für viele Journalisten und Filmemacher nicht einfach Markt und Karriere Antrieb sind, sondern ein manchmal fatales selbstloses Engagement und dass Organisationen wie das hochkarätige „Committee to Protect Journalists“ in New York keine Abenteurer schützt, sondern international eine ganz wesentliche gesellschaftliche Arbeit leistet. Der Mandatsträgerin der Genfer Konventionen, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, für welches ich sonst häufig arbeite, habe ich jenes Exposé zur Produktion oder Koproduktion vorgeschlagen. Als politisch neutrale Organisation würde das IKRK sich damit jedoch diplomatisch arg in die Nesseln setzen und Völkerrechts- und menschenrechtsfeindlichen Regierungen seiner traditionellen Arbeit entfremden.

Das Land des grossen Schweigens

Vielfältig sensibilisiert für die Probleme der lateinamerikanischen Filmemacher verfolgte ich bei einer weiteren Veranstaltung des „Festival del Nuevo Cine Latinoamericano“, in welcher Art, mit welchen Mitteln, in welcher Sprache die Filme historische und gesellschaftliche Prozesse reflektieren (um möglicherweise auch unsere Schweizer Filme besser lesen zu lernen).

Insbesondere wollte ich dieses „Blicks von innen“ teilhaftig werden in Bezug auf Zentralamerika, das von aussen abgefilmt so häufig über den Bildschirm flimmert. Das eine Land, das in unsern Tagesschauen und Dokumentationen eigentlich gar nie auftaucht, interessierte mich besonders: Guatemala. Wie im vergangenen Jahr war es durch keine einzige Arbeit vertreten. Auch in Katalogen früherer Jahre nicht.

Als sich Gelegenheit ergab, nach Guatemala zu reisen, suchte ich Fakten, Daten, Namen zu seiner Filmproduktion zusammen. Mit Guatemalas Geschichte ziemlich vertraut, stellte ich mir nicht vor, dass es leicht sein würde, im damals noch von einer Militärdiktatur beherrschten Land mit Filmemachern in Kontakt zu treten. Das Resultat tagelangen Telefonierens und Adressensuchens war die immergleiche Auskunft: Emigriert, lebt in Mexico, in Costa Rica, oder: Aufenthalt unbekannt. Wie ich mich schon anschickte, gewöhnlichen Tourismus zu betreiben, sass ich unversehens in einem feuchtkalten Keller, inmitten von rostenden Filmbüchsen vor einer schimmligen Leinwand, um Zeuge zu werden von Filmdokumenten aus den frühen fünfziger Jahren, als Juan Jacobo Arbenz, Sohn eines eingewanderten Schweizer Apothekers, Präsident war und das Land mit sozialdemokratischen Reformen zu modernisieren suchte.

Ich hatte Marcel Reichenbach kennengelernt, selber Sohn von Schweizer Einwanderern, seit früher Kindheit erst in Mexico, dann in Guatemala-Stadt lebend, Optiker von Beruf und Filmemacher aus Passion: ein „aficionado del cine“.

Reichenbach, 1922 in Bern geboren, war als Filmemacher in den fünfziger und sechziger Jahren aktiv. Er hat Kurzspielfilme, Dokumentarfilme und zuletzt Dutzende von Werbespots gedreht. Das Besondere an diesen Arbeiten ist, wie sich die Geschichte Guatemalas darin widerspiegelt.

Zwischen 1945 und 1954 herrschten in Guatemala erstmals seit der Unabhängigkeit von 1821 demokratisch gewählte Regierungen. Jene Zeit wird heute in der Geschichtsschreibung als los diez años deprimavera (10 Jahre Frühling) bezeichnet. 1944 holten Lehrer, Studenten, Anwälte, Ärzte, Kleinbürger und junge Offiziere (darunter Arbenz), die gegen den Diktator Úbico revoltiert und ihn vertrieben hatten, den in Argentinien im Exil lebenden Philosophieprofessor Juan José Arévalo als Präsidentschaftskandidaten ins Land. Vorbild während seiner Präsidentschaft waren die US-Demokratie, die eben Faschismus und Nationalsozialismus niederzuringen im Begriffe war, und Franklin D. Roosevelt mit seinem New Deal und seinen „Vier Freiheiten“ (Freiheit der Rede und der Religion, Freiheit von Not und Angst).

Die Regierung Arévalo verabschiedete einen ganzen Katalog sozialer Gesetze, praktisch aus dem Nichts und oft nach ausländischen Vorbildern, vor allem aus den USA. Ein Arbeitskodex wurde geschaffen mit dem Recht auf Gewerkschaften, Arbeitsgerichte, Mindestlöhne, geregelte Kinder- und Frauenarbeit. Ein Zwangsverpachtungsgesetz für brachliegendes Land wurde verabschiedet, ein nationales Produktionsinstitut eingerichtet und eine Nationalbank zur Kreditvergabe. Die Weltbank empfahl die Einrichtung einer staatlichen Energiebehörde, einer Kapitalertragssteuer sowie öffentliche Ausgaben für Transport- und Verkehrswesen, Erziehung und Gesundheit. Eine Kommission für soziale Sicherheit wurde eingesetzt, und 1946 verabschiedete der Kongress das erste Sozialversicherungsgesetz des Landes. Ein Sozialversicherungsinstitut (Instituto Guatemalteco de Seguro Social, IGSS) wurde geschaffen, das ganze Gesundheitswesen ausgebaut sowie durch Aufklärung Präventivmedizin betrieben.

Marcel Reichenbachs Dokumentarfilme, die er zusammen mit dem Kinderarzt Dr. Garlos Monzón-Malice geschaffen hat, spiegeln die soziale und medizinische Wirklichkeit eines grossen Teils der guatemaltekischen Bevölkerung jener Jahre wider. Die Zustände werden dargestellt, die neuen sozialen Einrichtungen, und in Ansätzen spürt man soziologisches Denken, wenn den krankheitsverursachenden Lebensbedingungen und der Misere nachgegangen wird. Einzelne Filme sind im Auftrag des IGSS entstanden.

Marcel Reichenbach meint z.B. zu seinem Film Angeles con hambre (Hungrige Engel):

Die Kinder im Film waren authentische Fälle von Unterernährung. Und man hat gezeigt, was mit Medizin und guter Ernährung zu erreichen ist. Das Problem ist heute, rund 30 Jahre später, genau das gleiche. Vielleicht etwas grösser mit den Jahren, wir haben jetzt ein überbevölkertes Land, und die Probleme multiplizieren sich. Und sozial finde ich nicht, dass es einen grossen Fortschritt gegeben hat in diesen Jahren. Angeles con hambre ist heute genau so aktuell wie vor 30 Jahren. Den kann man heute vorfuhren und sagen: Den habe ich gestern gedreht. Ich könnte heute die gleichen Bilder machen, den gleichen Film wieder drehen. Ich finde sofort Leute dazu, und Kinder auch.

Präsident Arevalo brachte trotz über 25 Anschlägen und Putschversuchen der konservativen Oligarchie seine Amtszeit zu Ende. Als Nachfolger wurde sein bisheriger Verteidigungsminister Jacobo Arbenz gewählt. Er suchte u.a. das wichtigste Problem Guatemalas zu lösen und machte sich an die Reforma agraria, die Landreform, das auch heute noch ungelöste Problem der meisten lateinamerikanischen Länder. Riesige brachliegende Ländereien der grosse Teile der nationalen Wirtschaft dominierenden multinationalen USA-Gesellschaft United Fruit Company (UFCO) wurden verstaatlicht und an landlose Bauern verteilt. Die sozialen Errungenschaften und die wirtschaftlichen Erfolge der sogenannten „Oktoberrevolution“ von 1944 wurden 1954 durch eine unheilige Allianz der UFCO, der CIA und des State Department in einem masslosen Propagandakrieg zunichtegemacht. Entsprechend der McCarthy-Zeit wurde die kommunistische Bedrohung ganz Zentralamerikas als Grund zitiert für die Vertreibung Arbenz’ und die Machtübergabe an einen botmässigen Offizier, Castillo Armas, der das Rad der Geschichte zurückdrehte, die meisten Reformen abschaffte, und über 30 Jahre Militärdiktatur einläutete. Die Amerikaner selber mussten über ihre Botschaft, die vorher den Coup orchestriert hatte, nun Druck ausüben, dass wenigstens einige der Errungenschaften und Rechte erhalten blieben.

US-Historiker und Zentralamerikaspezialisten wie Stephen Schlesinger, Stephen Kinzer oder Richard Immerman sind sich einig, dass ein Arbenz mit seinen kapitalistischen Reformversuchen heute nicht nur tragbar, sondern wünschenswert sein könnte. Aber die Chance des Dialogs in Zentralamerika scheint vertan, und beidseits sind radikalere Kräfte am Werk. Die Ereignisse in Guatemala 1954 haben Spuren im Bewusstsein ganz Lateinamerikas hinterlassen.

Richard Nixon erklärte 1954: „Zum ersten Mal in der Geschichte ist eine kommunistische Regierung durch eine freie abgelöst worden. Die ganze Welt will sehen, wer es besser macht.“ Die amerikanische Hilfe, die während der Arevalo-Arbenz-Zeit fast ganz eingestellt worden war, erreichte bald die Höhe von 45 Millionen Dollar jährlich. Diese Mittel sorgten zwar für die Wiederbelebung gewisser Bereiche des privaten Sektors, kamen den Ärmsten der Nation jedoch nicht zugute.

Marcel Reichenbach hat von 1955 bis ungefähr 1960 für das damals im Land neu entstandene Fernsehen unzählige kurze Werbespots realisiert und selber aufgenommen. Der ganze Warencharakter des nun auch in Guatemala siegreichen American way of life hält Parade. Man hat den Eindruck, die Schleusen seien geöffnet worden: US-Strassenkreuzer, Haushaltsmaschinen, Pharmaprodukte, modische Kleidung, Kinofilm-Werbung (MGM, etc.) und was sonst noch alles dazugehört. In einem Land, dessen Bevölkerung damals noch zu 60 Prozent aus mehrheitlich in Dorfgemeinschaften lebenden Indios bestand.

Reichenbach realisierte zudem Anfang der fünfziger Jahre, parallel zu den Dokumentarfilmen, eine Reihe Kurzspielfilme, die ganz anderen Charakters sind. In sehr verspielter Form und mit viel Humor inszenierte er kleine Geschichten, das Genre des damals den Markt beherrschenden US-B-Pictures imitierend und manchmal auch — willentlich oder auch nicht — parodierend. Inspirieren konnte er sich an Hunderten von Filmen aus den USA und aus Mexico, denn während Jahren hatte er einen kleinen Filmverleih für die zentralamerikanischen Staaten und verschickte vor allem 16-mm-Kopien z.B. in abgelegene Haciendas, wo vor dem Aufkommen des Fernsehens für die Belegschaft oft wöchentliche Kinovorführungen veranstaltet wurden.

Ich habe mir jetzt vorgenommen, einen Film zu realisieren über Marcel Reichenbachs Werk, eine Art geschichtssoziologische Lektüre seiner Filme. Unter Zuhilfenahme weiterer Materialien aus den USA sollen die fünfziger Jahre in Guatemala wieder aufleben. Dabei bin ich, ob man mir das nun glaubt oder nicht, nicht nur ein Aficionado de America Latina, sondern auch ein USA-Fan.

*) Ebenfalls die neugeschaffene Filmschule in Havana (Escuela Internacional de Cine y TV) mit dem Kolumbianer Gabriel García Márquez im Präsidium und dem Argentinier Fernando Birri als Direktor. Birn, Gründer der Filmschule von Santa Fé (Argentinien, 1956), konnte man Vorjahren in Trastevere in Rom im Exil antreffen, wo er als Filmpoet experimentierte; er wird wohl eine ideologische Ausrichtung der Schule verhindern. (Vgl. das Gespräch mit Fernando Birri von Ambros Eichenberger in diesem Band; d. Red.)

Eduard Winiger
ist freier Filmschaffender, realisierte seit 1983 zahlreiche Auftragsfil­me in der Dritten Welt.
(Stand: 2019)
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