PAULE PAULÄNDER

MACAO ODER DIE RÜCKSEITE DES MEERES (CLEMENS KLOPFENSTEIN)

SELECTION CINEMA

Der Schweizer Dialektforscher Mark Grundbacher reist nach Stockholm, wo er einen Vortrag halten soll. Sein Flugzeug stürzt aber über dem Meer ab und der Wissenschaftler wird von den Wellen an den Strand der Insel Macao geschwemmt. Obwohl er den Eindruck hat, das Unglück überlebt zu haben, kommt ihm manches eigenartig vor. Als er auf den ebenfalls angespülten Piloten stösst, planen beide einen gemeinsamen Fluchtversuch. Doch nur dem Piloten gelingt es, davonzukommen, während Grundbacher erkennen muss, dass er sich im Jenseits befindet.

Macao oder die Rückseite des Meeres ist ein abverheiter Film. Die Geschichte, so listig und versponnen sie entworfen sein mag, hängt nicht ein, packt einen nie. Zuviel wird hineingestopft, von metaphysischen Fragestellungen ums Jenseits bis zum Jodeln, von kantonesischer Sprachmusik bis zur Tagesschau vom Fernsehen DRS. Spannende Elemente werden filmisch völlig vergeben. Ich denke an die Szene, wo Grundbacher und der Pilot mit einem Fährschiff von der Insel abzuhauen versuchen, bis sie merken, dass das Boot immer wieder am selben Steg ankommt, von dem es zuvor abgelegt hat. Diese Szenen sind so ungelenk gemacht, dass man sich, sobald man den Gag kapiert hat, minutenlang nur noch langweilt. Die Schauspielerinnen und Schauspieler wirken grösstenteils unbeholfen und hölzern. Vor allem Max Rüdlinger hat man schon viel frecher und lustiger gesehen.

Die Doppelfunktion, die Klopfenstein als Regisseur und Kameramann auf sich nimmt, bekommt dem Film nicht. Oft ist man enttäuscht über die lieblose Kameraführung, dann wieder hat man das Gefühl, dass ein Regisseur an allen Ecken und Enden gefehlt hat.

Die Story könnte schon Charme haben. Die Szenen bei der Dialektfeldforschung oder die Aufführung der Folklore haben Atmosphäre und Humor. Aber die verschiedenen Ebenen fügen sich einfach nie zu einer nachvollziehbaren Geschichte zusammen.

Klopfenstein und sein Kreis sind viel zu sehr in ihren privaten Spintisierereien verhangen, als dass sie den Kontakt zum Publikum finden könnten. Es sei denn, dieses findet das speziell lustig. Macao liegt für meinen Geschmack viel zu weit weg von aktuellen Themen und Fragestellungen, die uns hier und heute beschäftigen.

Paule Pauländer
ist Dokumentarist, Musiker und Kinogänger in Zürich. Ehemaliger Mitherausgeber des CINEMA.
(Stand: 2019)
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