HEINI ALPER

JOHNNY STURMGEWEHR (UELI MAMIN)

SELECTION CINEMA

Johnny von Allmen ist in Meiringen Tankstellenhalter und Ralleye-Fahrer von der dörflichen Geld-Oligarchie Gnaden. Doch das ist er nun leid, als er erfährt, dass seine Frau es mit einem seiner Sponsoren getrieben hat. Er sperrt Frau und Kinder ein, packt sein Sturmgewehr und zieht los in der offenkundigen Absicht, Amok zu laufen, maskiert und untergetaucht im nächtlichen Treiben des Trychelns, eines ziemlich lärmigen Haslitaler Brauchs am Jahresende.

Sein eben mal aus Italien zurückgekehrter Freund Beni und seine zu den Feiertagen aus Genf zurückgekehrte Schwester Sonja wollen Johnny helfen, ihn suchen und aufhalten. Aber irgendwie gelingt es den beiden nicht, Johnny zu finden, weil sie nämlich jeweils im — bezüglich der Suche nach Johnny - ungünstigsten Moment miteinander schlafen oder dann wieder ein überfahrenes Reh zu entsorgen haben und ausserdem ziemlich viel und aus wenig einleuchtenden Gründen autofahren müssen (Land-Rover), was Sonja gelegentlich ebenso ermüdet wie die Zuschauer. Aber zum Glück gelingt es Johnny ebenfalls irgendwie nicht, Amok zu laufen, vielmehr ist er am Ende selber tot, und das wissen wir schon lange, weil er nämlich bereits in der ersten Szene im Leichenschauhaus liegt. Warum wir da schon erfahren müssen, dass es sich bei der „schönen Leiche“ um Johnny handelt, ist dramaturgisch, wie vieles andere, schwer verständlich. Aber so ist wenigstens eines klar: Johnny ist tot. Weniger klar ist, ob Beni die Tankstelle übernimmt, das müsste man in Meiringen nachprüfen; und auch, ob er es mit Sonja nochmals ...

Die Dramaturgie ist nicht die einzige Schwäche von Johnny Sturmgewehr. Auch den Schauspielern gelingt es kaum, überzeugende Figuren zu zeichnen und die verschiedenen, konzeptionell ohnehin an dünnen Fäden hängenden Biografien glaubwürdig zu gestalten. Den Rest besorgt dann noch die ewige Crux mit der Mundart als Film-Dialogsprache.

Heini Alper
geb. 1946, Mitglied der S-8 Gruppe Zürich und Mitarbeiter verschiedener Filmprojekte, arbeitet in der Dokumentation „Wort“ des Schweizer Fernsehens DRS.
(Stand: 2019)
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