CLAUDIA WEILENMANN

WELL DONE (THOMAS IMBACH)

SELECTION CINEMA

Lackierte Nägel auf klickenden Tastaturen. „Selektionsprüfungszeit“, „Total cash limit“, „Triggerdatum“. Augenbewegungen im Bildschirmtakt. „Micro space“, „OGS“, „HPS“, „MDF“. Verspiegelte Fassaden, begrünte Betongeometric, endlos saubere Korridore. „Es geht um Millionen“ und um „ein dezidiertes Contingency-Konzept“. - Nach achtzig Minuten Bildfragmenten und Sprachfetzen aus der Bürowelt des „Electronic Banking“ wissen wir zwar nicht genau, worin die Arbeit der 1200 Beschäftigten dieses High-Tech-Betriebs eigentlich besteht. Aber die rasanten, konsequent verdichteten, immer wieder groteskwitzigen Bild-Text-Montagen legen Grundsätzlicheres frei. Virtuos dekonstruieren sie die Oberflächennormalität zeitgenössischer Arbeitswelt, so daß das Absurde erkennbar wird. Und sie zeigen, wie die Normen effizienten Arbeitens auch in die persönlichen Beziehungen eindringen. „Eine Beziehung braucht ein gewisses Investment“, sagt der Product Manager.

Thomas Imbach und sein Kameramann Jürg Hassler haben im porträtierten Betrieb während Monaten gefilmt und einige Mitarbeiterinnen auch zu Hause beobachtet. Aus den siebzig Stunden Material haben sie sprechende Kurz- und Kürzestsequenzen, Ausschnitte aus typischen Alltagsabläufen herausdestilliert, nach visuellen und akustischen Phänomenen geordnet und hart hintereinander geschnitten, zehn-, zwanzigmal. Zum Beispiel telefonische Freundlichkeitsfloskeln auf deutsch, französisch und englisch, dazu die verkrampften oder nervös trommelnden Finger, die eine andere Sprache sprechen. Oder Qualifikationsgespräche und Mitarbeiterseminare: Hierarchie im zeitgemäßen Partnerschaftslook. Und am Abend dieselbe freundliche Kontrolle bei den eigenen Kindern. Durch die verfremdeten, schnellen Serien werden Zusammenhänge, Widersprüche (und kleine Subversivitäten wie Augenzwinkern) sichtbar, die sonst im Alltagsbrei verborgen bleiben.

Trotz kritischer Schärfe und drastischer Montage ist der Film ohne Überheblichkeit. Wer genau hinschaut, wird in den faszinierend verfremdeten Bildserien auch den eigenen (Arbeits-)Alltag erkennen.

Claudia Weilenmann
geb. 1960, Studium der Germanistik, Europäischen Volksliteratur und Pädagogik, lebt in Zürich.
(Stand: 2019)
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