DOROTHEE WENNER

MEIN FREUND SCHWARZENEGGER — DISKURS DER GESCHLECHTER IN THE TERMINATOR 2: JUDGMENT DAY

ESSAY

So berühmt die Muskeln des Arnold Schwarzenegger sind, so berüchtigt ist dieser Mann als Gesamterscheinung zumindest in der westlichen Welt, weil er - nach landläufig-kritischer Meinung - Frauen verachtet und Gewalt verherrlicht. Zu Beginn seiner Filmkarriere vor 26 Jahren mag dieses Negativimage eine gewisse Berechtigung gehabt haben, doch Schwarzeneggers filmobiographisches Verhältnis zu Frauen hat eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht. Diese Entwicklung ist so kurios, daß dem Wunsch nach einer Freundschaft mit Arnold Schwarzenegger zumindest kein feministisches Hindernis mehr im Wege steht. Wer die Botschaft des Films von dessen subversivem Ende her entschlüsselt, entdeckt, daß in The Terminator 2 Arnolds sagenhafte Biographie als eine Geschichte des Scheiterns erzählt wird: eine Bankrotterklärung männlicher Allmachtsphantasien, wie sie für so viele frühe Schwarzenegger-Filme typisch sind.

Im Bereich des Action/Fantasy-Films war Arnold Schwarzenegger in einem Subgenre stilbildend, für das die Filmtheorie noch keinen Gattungsnamen festgelegt hat. Neben dem Etikett NBF (New Bad Future) scheint die Bezeichnung »Körperfilm« vor allem für die älteren Schwarzenegger-Filme passend, weil damit bereits auf die imposante Statur, die Kraft, die Muskeln und die Potenz des oder der Helden hingewiesen wird, die die Identität der Schauspieler stärker bestimmen als deren Gesichter. Weil der extreme Körperbau der Muskelmänner ein ausgeprägtes »type-casting« zur Folge hat, knüpfen die Cybermovies fast automatisch an die alte und inzwischen sogar etwas altmodische Hollywood-Tradition an, das öffentliche/private Leben der Stars in ein enges Verhältnis zu den von ihnen gespielten Leinwandfiguren zu bringen. Im Fall Arnold Schwarzeneggers, der so rein wie derzeit kein zweiter den american dream verkörpert, gehört dazu auch in jedem Film ein dramaturgischer Trick, der seinen starken, österreichischen Akzent plausibel macht. In seiner außerfilmischen Biographie - das weiß jedes Kind - erklärt sich das rustikale Englisch des Stars mit dessen Kindheit und Jugend in einem steiermärkischen Dorf namens Thal, von wo aus Arnold Schwarzenegger sich aufmachte, die luftigsten Gipfel Hollywoods zu erklimmen. Daheim in Österreich war es zuallererst der gemeine Vater, der seinen Zweitgeborenen mit fiesen Konkurrenzspielen in die Kraftkammer trieb. Ausgestattet mit viel Ehrgeiz und der uramerikanischen Fähigkeit, sich voll und ganz auf eine Sache zu konzentrieren, beginnt Schwarzenegger seinen unaufhaltsamen Aufstieg, der ihm im Verlauf seiner Bodybuilding-Karriere sechsmal den Titel des Mr. Universe und siebenmal den des Mr. Olympia beschert - das hat ihm bislang keiner nachmachen können. Doch die Medaillen allein hätten ihn nicht zu dem gemacht, der er heute ist. Als Pionier der Fitneß- und Körperkultur ist es Schwarzenegger zuzuschreiben, die vormalige Gleichsetzung vom Muskelprotz als Doofmann »aufgesext« und damit für ein Massenpublikum attraktiv gemacht zu haben. Arnolds Slogan war damals: »Das Gewicht zu stemmen ist schöner, als zu kommen«; und so dumpf sich dieser Satz auch anhören mag, so lukrativ war das damit verbundene Konzept. Mit der geschickten Vermarktung von beispielsweise Diätempfehlungen und Trainingsprogrammen sicherte sich Schwarzenegger mit seiner ersten Karriere seine finanzielle Unabhängigkeit, die ihm beim Einstieg ins Filmgeschäft sehr nützlich wurde und Verhandlungsspielraum mit Produzenten und Regisseuren verschaffte - seine Muskeln sind eben nicht nur schauspielerisches Kapital.

Das Verhältnis zum anderen Geschlecht in diesen Jahren ist schnell beschrieben: Frauen waren für Schwarzenegger schlicht Fitneßgeräte. Seine Bedürfnisse waren vollauf befriedigt, wenn ihm die Kumpels aus dem Sportstudio eine ausreichende Anzahl von »Freundinnen« besorgten, zehn in jeder Stadt, so die Fegende. Schwarzenegger erinnert sich: »»Komm schon, Arnold, die ist für dich<, hieß es schlicht. Mädchen waren einfach Sexobjekte. >Die anderen haben es so gehalten, und ich fand nichts dabei, da eine richtige Romanze vielleicht fürs Training nötige Energie geraubt hätte.<«1

Sein Debüt als Schauspieler gibt Schwarzenegger 1970 mit Hercules in New York. Es folgen einige Auftritte als Nebendarsteller. Was sein »filmisches« Verhältnis zu Frauen betrifft, ist der semidokumentarische Spielfilm von George Butler Pumping Iron (USA 1977) bemerkenswert, weil Schwarzenegger hier seine Phantasien vom brünstigen Platzhirsch noch zu steigern vermag.

»Das befriedigendste Gefühl im Trainingscenter ist die Pumpe. Sagen wir einmal, du trainierst deinen Bizeps. Blut strömt in deine Muskeln, und das nennen wir die Pumpe. Deine Muskeln fühlen sich richtig angespannt an, als ob deine Haut jede Sekunde explodieren wollte. Total angespannt. So, als ob jemand Luft in deine Muskeln blasen würde. Ein phantastisches Gefühl. Das befriedigt mich so, wie wenn ich komme, mit einer Frau schlafe, und es kommt. Himmlisch! Es ist, als ob ich im Trainingscenter das Gefühl hätte zu kommen. Ich habe das Gefühl hinter der Bühne, wenn ich mich aufbaue - und wenn ich vor 5000 Leuten posiere, habe ich dasselbe Gefühl. So kommt’s mir also Tag und Nacht.«

Das Bodybuilding macht ihn aber nicht nur sexuell autark, sondern auch von seinen Eltern als den biologischen Erzeugern unabhängig. Im Film fliegt Champion Arnold nicht zur Beerdigung seines Vaters nach Österreich, um eine entscheidende Trainingsphase nicht zu unterbrechen. Auch im wirklichen Leben verpaßt Schwarzenegger dieses Ritual, die Fanzines versuchten diese Unanständigkeit nachträglich mit »Unerreichbarkeit auf einer Insel« auszubügeln. So oder so paßt die Anekdote zu der Tatsache, daß Schwarzenegger sich als ein mystisches Wesen begreift, das sich quasi parthenogenetisch aus eigener Kraft erschaffen hat und folglich von allen frei und unabhängig existiert. »Es hat keinen Sinn, für einen guten Körper zu beten. Du mußt dafür hart trainieren. Du mußt es machen. Niemand sonst. Am allerwenigsten der liebe Gott.«2

Für den Arnold Schwarzenegger der siebziger Jahre kann es aus feministischer Perspektive bestenfalls ein ethnologisches Interesse geben. Auffallend ist sein damaliger Hang zu einem märchenhaften Anachronismus, aufgrund dessen er sich zu einem Archetyp Mann stilisiert, der dem aktuellen Feindbild der Frauenbewegung aber schon längst nicht mehr entspricht. Während die männliche Bedrohung im wirklichen Leben mehr und mehr die Gestalt von Bürohengsten mit dünnen Ärmchen annimmt, gelingt es dem Muskelbepackten als Camp-Kultfigur gewisse Künstler- und Intellektuellenkreise auf sich aufmerksam zu machen. Er posiert mit anderen Bodybuildern als »lebende Skulptur« im New Yorker Whitney Museum und bringt sein Engagement auf die griffige Formel, daß »Bodybuilder die Bildhauer ihres eigenen Körpers« seien. Ausgestattet mit einer Berühmtheit, die sich längst nicht mehr allein auf die Bodybuilding-Szene beschränkt, landet Schwarzenegger als »Conan«, dem Raufbold aus der mystischen Vorvergangenheit, seinen ersten großen Erfolg als Hollywood-Schauspieler. Als solcher muß ihm selbstredend eine Frau an die Seite gestellt werden. In Conan the Conqueror (USA 1984) wird diese Rolle von der Disco-Queen der achtziger Jahre, Grace Jones, gespielt, eine aerodynamische Schönheit mit stählernen Konturen, die auf der Leinwand wie die erste »ebenbürtige« Partnerin Schwarzeneggers wirkt. Dementsprechend bekennt er kaum ein Jahr später in Warhols Magazin Interview. »Ich habe Schuldgefühle, weil Frauen in einem rauhen Veränderungsprozeß stehen, weil alles zugleich losgeht. Sie haben zu arbeiten begonnen, und die Frage ist, wie sie alles auf die Reihe kriegen. Familie, Haushalt, und dann kommen sie auch in das Alter, wo es ein natürliches Bedürfnis wird, Kinder zu bekommen.«3 Damit sind alle Zweifel beseitigt: Schwarzenegger hat die Frauen entdeckt, und systematisch beginnt er, einen Zugang zu deren Welt zu suchen.

In dieser Epoche entsteht The Terminator (USA 1984), Schwarzeneggers kühner Sprung aus der Vergangenheit in die Zukunft des Jahres 2029. Von dort wird Schwarzenegger als Cyborg in die amerikanische Gegenwart gebeamt, mit der Mission, Sarah Connor (Linda Hamilton) zu töten. Als eine der Frauen, wegen der Schwarzenegger im wirklichen Leben »Schuldgefühle« empfindet, hat das Schicksal Sarah ausersehen, die Mutter von John Connor zu werden, von dem später einmal die Rettung der Menschen abhängen wird. John Connor ist in The Terminator noch nicht geboren, aber vorausbestimmt, zum Anführer einer Rebellion gegen die Vorherrschaft der Maschinenmenschen zu werden. In diesem Film lohnt sich-vor allem in Kontrast zu The Terminator 2 (USA 1991) - ein Blick auf die höchst unterschiedliche Charakterentwicklung von Sarah Connor und des Maschinenmenschen Schwarzenegger. In Gestalt des Cyborg ist Arnold ausgesprochen eindimensional, er ist böse, unheimlich, gefühllos und wird beherrscht von einem einzigen Auftrag oder »Trieb«, nämlich dem, die Hauptdarstellerin zu töten. Als filmischer Charakter erlebt er keine Wandlung, er wrackt sich lediglich ab, verliert hier und dort einen Körperteil und wird am Ende nahezu vollständig zerquetscht. Dagegen macht Sarah Connor eine ungeheure Transformation durch, die sie zu einer Verwandten vieler Horrorfilm-Heroinnen jener Jahre macht. Aus einer durchschnittlichen Kellnerin wird die »Mutter der Zukunft«! Sarah überwindet im Verlauf des Films ihre Angst, sie wirft selbstgebastelte Bomben und wird zu einer so guten Kämpferin, daß es ihr letztlich sogar fast im Alleingang gelungen wäre, den Terminator zu zerquetschen. Kurz vor dem Abspann, als die Cyborg-Gefahr zumindest vorübergehend gebannt ist, fährt Sarah Connor als eine kuriose Mischung weiblicher Ikonographie in eine ungewisse Zukunft: Vor ihr braut sich ein Unwetter zusammen, doch das bremst sie nicht. Im Jeep, mit offenem Haar und Sonnenbrille macht sie sich mutig allein auf den Weg - im romantischen Umstandskleid, das den bereits stark gewölbten Leib umspielt.

Red Sonja (USA 1985) - ein Film, in dem Schwarzenegger lediglich die zweite Geige spielt - wäre beinahe nicht nur beruflich ein Flop für Arnold geworden. Während der Dreharbeiten begann er eine Affäre mit Brigitte Nielsen, die - so meine Hypothese - leicht das Ende für Schwarzeneggers Karriere als öffentliche Person hätte bedeuten können. Nielsen, die damals in der Regenbogenpresse wegen ihrer superlangen Beine und einem imposanten Silikonbusen als frühe Cyber-Frau für einigen Wirbel sorgte, entsprach dem Typ Frau, über den Blondinenwitze gerissen werden. Als sie später auch noch Schwarzeneggers Konkurrenten Sylvester Stallone heiratete, legte sich über die Ehe der schwüle, schweißige Mief der Fitneßclubs, von dem sich beide seitdem nicht freimachen konnten. Schwarzenegger hingegen arbeitete sich nach der Trennung von Nielsen systematisch weiter hinauf in die High-Society. Mit Filmen wie Raw Deal (USA 1986), Predator (USA 1987) und The Running Man (USA 1987) beginnt für ihn ein Zivilisationsprozeß, der sich nicht zuletzt an seinen Kostümen ablesen läßt: Er mausert sich vom Lederschurz-Conan zum Anzugträger. Hervorgehoben sei an dieser Stelle sein erster Ausflug als Komödiendarsteller in Twins (USA 1988). Schwarzenegger spielt in diesem Film Danny de Vitos gentechnologisch erzeugten Zwillingsbruder, ein männliches Urgestein, das von der einsamen Insel in die Stadt katapultiert wird. Vergnügen bereitet er in dieser Rolle vor allem den Frauen, denen er die Aufgabe überläßt, ihn in jeder denkbaren Art zu erziehen, zu zivilisieren.

Mit dem Durchbruch ins Charakterfach hielt Arnold den Zeitpunkt für gekommen, seine Freundin Maria Shriver zu ehelichen. Mit dem Jawort der CBS- Frühstücksmoderatorin heiratet Schwarzenegger in den Kennedy-Clan ein und schafft damit endgültig den Sprung in die Welt der amerikanischen Elite. Auf die Frage, ob sich Maria Shriver in ihrer Entscheidung von den imposanten Muskelgebirgen ihres Zukünftigen habe beeinflussen lassen, antwortet sie: »Seinen Körper? Daran habe ich nie gedacht. Damit hat Arnold mich nie beeindruckt.«4 Außerfamiliär pflegt Schwarzenegger zur gleichen Zeit eine rustikale Freundschaft mit George Bush, von dem er zum obersten amerikanischen Fitneßberater ernannt wird. Und weil er sich trotz aller Wandlungen ja stets treu bleibt, engagiert sich Schwarzenegger auch in seiner alten Heimat im Wahlkampf 1990 für die österreichische Volkspartei (ÖVP). Kein Wunder also, wenn in diversen US-Magazinen das Gerücht kursierte, Schwarzenegger wolle Gouverneur von Kalifornien werden, was er jedoch wiederholt öffentlich abstritt. Aber selbst solche Dementis unterstreichen, was mit Beginn der Neunziger unübersehbar geworden ist: Arnold Schwarzenegger, der seinen Körper als Ticket nach Hollywood benutzte, hat sich spätestens jetzt von seinen Muskeln emanzipiert.

Der soziale Aufstieg zeigt sich fortan auch in Schwarzeneggers fast gymnastischer Geschmeidigkeit, mit der er zwischen den Schichten und Szenen hin und her wechselt. Obwohl er mittlerweile mit Politikern und Top-Prominenz verkehrt, wirft ihm kein Bodybuilder Verrat vor: Er ist in seinem Herzen den Kumpels von früher genauso wie seiner Mutter treu geblieben. Diese Fähigkeit, sich so elastisch zu verhalten bzw. zu vermarkten, wird im Film Total Recall (USA 1990) fast spiegelbildlich reflektiert: Als Bauarbeiter Quaid läßt er sich mit einem computergestützten Urlaubsprogramm als verführerischer Alleskönner auf den Mars schicken. So häufig wechselt Arnold Schwarzenegger in diesem Film seine Identität, daß jedem Psychologen schwindlig werden muß. Dabei spielen zwei Frauen ganz entscheidende Rollen: Im Guten wie im Bösen sind sie für ihn die treibende Kraft. Im selben Jahr kann sich Schwarzenegger der Weltöffentlichkeit als stolzer Vater einer Tochter präsentieren und taucht passenderweise in Kindergarten Cop (USA 1990) als österreichischer Polizist auf, der in die ungewöhnliche Situation gerät, eine kreative Rasselbande erziehen zu müssen. Wenn Schwarzenegger in Kindergarten Cop vielleicht auch gar zu anbiedernd auf weiblichen Publikumsfang geht und allen Frauen seine starke Brust zum Ausweinen anbietet - der Schauplatz des Films verdient Beachtung. Als er in dem verschlafenen Städtchen Astoria (Portland) ankommt, wird er von einer Frau mit den richtungsweisenden Worten begrüßt: »Willkommen in der Hauptstadt der alleinerziehenden Mütter Amerikas.« Diese Frauengruppe hat es Arnold Schwarzenegger offenbar besonders angetan, denn ihnen widmet er sich mit noch größerer Bewunderung in The Terminator 2.

Daß The Terminator 2 ein feministisches Potential hat, ahnt man bereits zu Beginn, wird doch der Film formal aus weiblicher Perspektive erzählt. Sarah Connor, wie in The Terminator von Linda Hamilton gespielt, erläutert für den Handlungsverlauf entscheidende Dinge aus dem Off, aus ihrer Sicht. Nach der Geburt ihres Sohnes John, der bereits im ersten Teil als Retter der Menschheit ausersehen worden war, hat sie die Zwischenzeit genutzt, sich und John mit einem speziellen Guerillatraining auf das ungewöhnliche Schicksal vorzubereiten. Wie klug das war, begreift nicht nur der mittlerweile zehnjährige John, als zwei Terminators aus der Zukunft in die Gegenwart geschickt werden und hinter ihm her sind. Wären nicht auch im wirklichen Leben des Arnold Schwarzenegger sieben entscheidende Jahre verstrichen, in denen er seine Wandlung zum guten Ehemann und Beschützer glaubhaft auf der Leinwand und in der amerikanischen Öffentlichkeit vorexerziert hat, wäre Hollywoods kühner Salto mortale in The Terminator 2 kaum möglich gewesen. Anders als im ersten Teil spielt Schwarzenegger in der Fortsetzung nämlich den guten Terminator, der John und Sarah vor seinem bösen Gegenspieler T1000 beschützt. Außerdem ist Schwarzenegger als schwächerer Maschinenmensch T101 ein veraltetes Auslaufmodell - eine technische Degradierung, die von schauspielerischer Souveränität kündet.

Vergleicht man The Terminator und The Terminator 2 unter dem Aspekt der charakterlichen Wandlung, entdeckt man, daß Sarah Connor im Gegensatz zur ersten Folge zwar noch etliche Abenteuer erlebt, dabei aber keine wirkliche Persönlichkeitsentwicklung mehr durchmachen muß. Analog zur Frauenbewegung erreichte sie bereits Mitte der achtziger Jahre - mit dem Ende von The Terminator - ihre Top-Form, die sie während der Dauer des zweiten Teils eigentlich nur beibehalten bzw. behaupten muß. Dazu gehört - schließlich ist sie Arnolds Partnerin - auch ein gehöriges Pensum Bodybuilding und Sport: Gleich das erste Bild zeigt sie beim Klimmzug. Sarah Connor löst in vieler Hinsicht das Ideal einer alleinstehenden Mutter in den besten Jahren ein: Sie wirkt androgyn, kämpferisch, fremdsprachenbegabt und verfügt darüber hinaus über Attribute, die durch die Frauenbewegung längst positiv umbewertet wurden. Ihr etwas hexenhaftes Aussehen zum Beispiel und ihre leicht esoterischen Neigungen betonen ihre weibliche Überlegenheit gegenüber dem männlichen Wissenschaftsapparat. Diesen verkörpern Ärzte, Psychiater und Computerexperten, die in der Gegenwart über ein erhebliches Maß an Macht und Einfluß verfügen. Als Gruppe stellen diese blassen Männer geradezu idealtypisch dar, was der französische Historiker und Philosoph Michel Foucault als das Charakteristikum von Macht in der Neuzeit beschrieben hat: Sie ist nicht mehr an konkrete Personen gebunden, sondern existiert in Institutionen, Gesetzen und Polizeiapparaten, in denen die jeweiligen Spitzenkräfte jederzeit und relativ unproblematisch ersetzt oder ausgetauscht werden können. So auch die Experten in The Terminator 2, die darüber hinaus als gemeine, bigotte Typen gezeichnet werden, die die weibliche Heldin eben wegen ihres überlegenen Wissens in die Psychiatrie gesperrt haben. Daß Sarah die Struktur des männlichen Machtapparats durchschaut, wird zuerst deutlich, als sie die Rolle der traditionell liebenden Mutti nur noch für den Psychiater spielt. Von Anfang an weiß sie, worauf es ankommt, und kennt ihre Aufgaben genauso wie ihre Wünsche und Ziele.

Arnold Schwarzenegger dagegen erlebt in The Terminator2 eine charakterliche Entwicklung, die seiner atemberaubenden Filmobiographie weitgehend entspricht, diese am Ende jedoch übertrifft und damit zur selbstironischen Karikatur verzerrt. Der Film beginnt nach dem Vorspann mit einer Geburtsszene, in der Arnold als T101 auf die Erde kommt. Begleitet von Stürmen und Blitzen hockt er nun da, nackt und gekrümmt wie ein Neugeborenes, doch schon so stark und mit jenem perfekten Körper, den er sich ja tatsächlich selbst erschaffen hat. Und genau wie dieser Selfmademan, der einst aus dem Nichts nach Amerika kam, erobert Schwarzenegger zunächst die Subkultur. Sein erster Gang führt ihn in eine Kneipe der Hell’s Angels, wo eine Kellnerin ihm einen bewundernden Blick zuwirft, wie ein Zitat aus der Zeit, als Arnold noch stolz war, an jedem Strand von mindestens zehn Frauen umschwärmt zu werden. Die Mission des Terminators T101, so wird seinem Schützling John und dem Publikum bald erklärt, ist es, dem Kind bedingungslos zu gehorchen. Damit unterstellt sich Schwarzenegger auch und vor allem Sarah Connor, denn John wird ja vom bösen Terminator verfolgt und ist in dieser Ausnahmesituation voll und ganz von der besonderen Erziehung abhängig, die ihm seine ungewöhnliche Mutter vor ihrer Einweisung in die Psychiatrie hat zukommen lassen. Der Schlüssel zum Verständnis dieses nicht ganz unkomplizierten, pädagogischen Hierarchiekonzepts findet sich, wenn man im folgenden Zitat »Computer« durch »Bodybuilder« ersetzt. T101 zu John: »Ich bin ein lernender Computer [Bodybuilder]. Je mehr Umgang ich mit Menschen habe, desto mehr lerne ich.«

Zunächst lernt Schwarzenegger, besser zu sprechen; John erteilt ihm regelrechten Unterricht. Auf diese Weise wird eine weitere zwischengeschlechtliche Barriere eingerissen, und der Terminator kann der brutalen Männerwelt entkommen, in der Worte vorzugsweise durch Faustschläge ersetzt werden. Im Unterschied zu The Terminator ist in diesem Film das bedeutsame Schweigen nicht länger Schwarzeneggers wichtigstes Kommunikationsmittel. Daß John und der T101 eine Vater-Sohn-Beziehung aufbauen werden, erkennt man nicht zuletzt an Johns »jugendlichem« Moped und der starken, väterlichen Version des Motorrads, mit dem Schwarzenegger dem Bengel zum ersten Mal das Leben rettet. Zu diesem Zeitpunkt stehen der neuen Beziehung jedoch noch die Pflegeeltern im Weg. Diese werden zwar realitätsnah porträtiert, aber nicht als Identifikationsfiguren, weil sie mit dem kreativen und altklugen John einfach nicht fertig werden. Weil Schwarzenegger im Film ja die Rolle des Guten spielt, überläßt er es dem bösen T1000, die Eltern zu eliminieren. Damit ist der Weg freigeschossen für die traumhafte Kleinfamilie Schwarzenegger, John und Sarah Connor, die sich als eine Art Notgemeinschaft zusammen auf die Flucht in den Süden machen.

Sie fahren zu Sarahs alten Bekannten: entrechtete, mittelamerikanische Guerilleros, die wie sie zu den Opfern der weißen Männerherrschaft zählen. Bei ihnen haben sich Sarah und John in früheren Jahren auf ihre großen Schicksalsaufgaben vorbereitet. Selbstverständlich werden Mutter und Sohn im staubigen Sonnenuntergang als alte Freunde willkommen geheißen, bevor ein älterer Mann fragt, wer denn ihr Begleiter sei. John antwortet spontan: »Das ist Onkel Bob!« Nun gibt es in der klassischen Familienkonstruktion gute und böse Onkel, wobei Schwarzenegger hier eindeutig zu den guten zählt. Diese zeichnet aus, daß sie kinderfreundlich sind, im Bedarfsfall die Eltern ersetzen und in jedem Fall schon qua Titel entsexualisiert werden. Der Sohn, dem Schwarzenegger ohnehin zu Gehorsam verpflichtet ist, verbietet hiermit den Geschlechtsverkehr zwischen seiner Mutter und dem Ersatzvater. Und Sarah setzt diese Rollenfestschreibung sogleich fort, als sie dem Terminator und ihrem Sohn im Sonnenuntergang beim Spielen zusieht:

»Als ich John mit der Maschine sah, war es auf einmal ganz klar. Der Terminator würde niemals aufhören, und er würde ihn niemals verlassen, und er würde ihm niemals weh tun, ihn niemals anbrüllen, oder sich betrinken oder ihn schlagen oder behaupten, er wäre zu beschäftigt oder hätte keine Zeit für ihn. Und er würde sterben, um ihn zu beschützen. Von all den möglichen Vätern, die während all der Jahre gekommen und gegangen waren, zeigte sich diese Maschine, dieses Ding allein den Ansprüchen gewachsen. In einer wahnsinnig gewordenen Welt war er [der Terminator] die vernünftigste Alternative.«

Diesen wirklich revolutionären Off-Monolog kann man sich auf der Zunge zergehen lassen, denn Sarah, die Heldin dieses Hollywood-Epos, konstatiert, daß es den in tausend anderen Filmen suggerierten idealen Vater einfach nicht gibt, daß Männer im Grunde zu schwach und zu willenlos sind, um dieser verantwortungsvollen Rolle gerecht werden zu können. Unausgesprochen bleibt hier indes, wovon der ganze Film eindrucksvoll Zeugnis ablegt: daß sie selbst als unkonventionelle Mutter und Frau dem Ideal durchaus entsprechen kann. Nach dieser Erkenntnis fällt Sarah kurz in einen Dämmerschlaf und hat einen Alptraum. Sie sieht sich als Mutter von heute, wie sie sich als Mutter von früher anbrüllt und vor der Katastrophe warnen will, die da kommt. Als sie aufwacht, zieht sie sofort die Konsequenz aus der supranatürlichen Eingebung und beschließt, gegen die traditionelle, weibliche Schicksalsergebenheit anzukämpfen. Konkret bedeutet das die Ermordung eines Computerexperten, der in naher Zukunft eine Entdeckung machen wird, die für drei Milliarden Menschen den Tod bedeutet. Sarah macht sich allein und schwer bewaffnet auf den Weg, Arnold und John bemerken ihren Aufbruch wenig später und folgen ihr. Sarahs mutmaßliches Mordopfer ist ein schwarzer Wissenschaftler namens Dyson, doch kurz vor dem Abdrücken hat sie eine typisch weibliche Schießhemmung. In der Logik des Films ist dies jedoch keine Schwäche, denn Dysons Tod hätte den Lauf der Geschichte nicht verändert, da er als Wissenschaftler ja leicht durch einen anderen hätte ersetzt werden können. Statt dessen überreden Terminator und Sarah ihn, auf ihrer Seite weiterzukämpfen. Dieser Erfolg geht voll auf das Sympathiekonto von Sarah, der in dieser Szene quasi ein roter Teppich ausgerollt wird. Wie sie da rauchend, mit offenem Haar auf dem Schreibtisch des Wissenschaftlers wie auf dem intellektuellen Thron ihren Monolog aufsagen darf, erinnert sie weniger an eine Actionfilm-Heldin denn an eine Wortführerin auf einer feministischen Universitätsversammlung. Als Dyson nach des Terminators gruseliger Zukunftsvorhersage etwas blöde fragt: »Woher hätte ich das wissen sollen?«, antwortet Sarah: »Ja, richtig, woher hättest du das wissen sollen? Es waren verfluchte Männer wie du, die die Wasserstoffbombe gebaut haben. Männer wie du haben sie erfunden! Ihr haltet euch für kreativ. Ihr wißt gar nicht, wie es ist, wirklich etwas zu erschaffen. Ein Leben zu erschaffen, zu spüren, wie es in einem wächst, alles, wovon ihr etwas versteht, ist Tod und Zerstörung.«

Dyson fällt auf diese vielleicht etwas krasse Gegenüberstellung der weiblichen und männlichen Parameter nichts Besseres ein, als seine Kündigung vorzuschlagen. Solch feige Unentschlossenheit ist aber angesichts der bevorstehenden Katastrophe keine Haltung, und so fahren alle gemeinsam zum Showdown in die Computerfabrik, die in die Luft gesprengt werden muß. Während dieser langwierigen Unternehmung fällt der Maschinenmensch Schwarzenegger ähnlich wie in The Terminator allmählich auseinander, doch in diesem Film ist der Prozeß eher komisch, grotesk und voller Selbstironie. Als zum Beispiel Arm und Beine nur noch kleine Stummel sind und er wie ein Seehund über das Gitter robbt, sagt der Terminator zu John: »Ich glaub’, ich brauch’ mal Urlaub!« Sarah steht während der ganzen Kampfhandlung tapfer ihre Frau und läßt sich, als sie angeschossen wird, von Schwarzenegger nicht etwa tragen, sondern nur stützen. Am Ende, als es ihrer Vorarbeit zu verdanken ist, daß Arnold mit Hilfe eines Notstromaggregats dem bösen Terminator den finalen Kopfschuß verpassen kann, sagt sie: »Es ist zu Ende.« Und tatsächlich war an eben dieser Stelle der Film Total Recall - zumindest was das Geschlechterverhältnis betrifft - mit dem Sieg des guten Paares über das Böse als Geschichte gerundet. Schwarzenegger selbst ist es, der an genau dieser Stelle in The Terminator 2 jedoch widerspricht und auf seinen Kopf zeigt, in dem noch ein böser Chip vorhanden ist. John begreift, was diese Nachricht bedeutet. Weil er aber in der Zwischenzeit seinen Onkel liebgewonnen hat, beginnt er zu weinen. Als Arnold mit seinem schwarzen Lederhandschuh die Träne von der kindlichen Wange wischt, wird klar, daß er als Maschinenmensch zwar sein Lernziel erreicht hat, aber ihn dies noch lange nicht zu einem Mann macht, der würdig ist, an der Seite der vorbildlichen Sarah Connor dauerhaft den Ersatzpapa zu spielen. »Ich weiß jetzt, warum ihr weint. Aber das ist etwas, was ich niemals tun kann.« Mit dieser ernüchternden Einsicht bittet er die alleinerziehende Mutter, ihn zu terminieren. Wenngleich nicht ohne Emotionen, weiß Sarah, daß sie diese Bitte erfüllen muß, und läßt Schwarzenegger in umgedrehter King-Kong-Pose hinab in das glühende Stahlbad, wo zuvor schon der böse Terminator sein Ende gefunden hat. Als sei Schwarzenegger gewiß, daß eine solche Mutter mit einem solchen Sohn auch in der Zukunft ganz gut alleine - ohne einen Mann von Schwarzeneggers Format an ihrer Seite - zurechtkommt, verabschiedet er sich von der Restfamilie mit einem kecken »thumbs up«, bevor er ganz in der glühenden Masse untergeht.

Zit. nach Reinhard Bimashofer: Arnold Schwarzenegger: Eine fast autorisierte Biographie, Wien 1992, S. 39.

Ebd., S. 38.

Ebd., S. 153.

Ebd., S. 189.

Der Text basiert auf einem Vortrag, der am 2. April 1996 im Rahmen der Reihe »Cybermovies« im Museum für Gestaltung in Zürich gehalten wurde.

Dorothee Wenner
geb. 1961, Publizistin, lebt und arbeitet in Berlin.
(Stand: 2019)
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