CATHERINE SILBERSCHMIDT

IN FREMDEN LANDEN (MARKUS BAUMANN, HUGO SIGRIST)

SELECTION CINEMA

Nach ihrer vierjährigen Ausbildung gehen zehn junge Schauspielerinnen und Schauspieler auf Vorsprechtournee nach Deutschland, wo sie erstmals mit der beruflichen Realität außerhalb des geschützten Raumes der Akademie konfrontiert werden. Ihre Reise zu den Brettern, die die Welt bedeuten, wird zu einem Vabanquespiel zwischen Erwartung und Enttäuschung. Jung und unerfahren liefern sie sich den zum Teil zynischen und abweisenden Intendanten aus. Die Übung gerät zeitweise zum sadomasochistischen Spiel. Je abweisender die Umgebung, desto schlechter spielen die jungen Kandidatinnen. Es gibt Tränen und Zusammenbrüche. Einer gibt seine beruflichen Ambitionen auf und sucht sich noch während der Vorsprechtournee einen Job als Taxifahrer. Doch ein paar wenigen gelingt es, Frustration und Wut umzusetzen und so ihre Präsenz auf der Vorspielbühne zu verbessern.

Das Publikum wird mit sämtlichen Frustrationen konfrontiert, die diese Neulinge über sich ergehen lassen müssen. Szene um Szene wird aneinandergereiht ohne gestalterische Verdichtung. Das Zuschauen wird zur eigentlichen Tortur, weil man gar keine Möglichkeiten hat, sich diesen unerbittlichen Lehrstücken und den damit verbundenen Frustrationen zu entziehen, und weil der Film kaum Distanz schafft zwischen Identifikation und Geschehen. Die Kamera verhält sich wie eine überfürsorgliche Mutter, für die keine Träne und kein Lächeln unbemerkt bleibt. In fremden Landen dokumentiert in erster Linie die teilnehmende Beobachtung der beiden Autoren.

Catherine Silberschmidt
ist freie Journalistin in Zürich.
(Stand: 2019)
[© cinemabuch – seit über 60 Jahren mit Beiträgen zum Schweizer Film  ]