VALÉRIE PÉRILLARD

BABETTE (FRÄNZI MADÖRIN / MUDA MATHIS / SUS ZWICK)

SELECTION CINEMA

Ein sich langsam drehender Schwamm auf blauem Hintergrund, eine sich drehende Tasse mit Kaffee, die später umstürzen wird, ein nach vorne und hinten wippendes schwarzes Mu­ster, ein sich drehendes Spiegelei, dazu die wunderbar passende Musik von »Les Reines Prochaines«. Dann eine Frau, Babette Zaugg, die die unterschiedlichen Geräusche der Rake­ten beschreibt, je nachdem, ob sie wegfliegen oder näherkommen – Erfahrungen aus Sara­jevo. So beginnt das Video der drei Baslerinnen, in dem sie in ihrer lustvollen und spielerischen Art Bilder und Bewegungen, Geräusche und Musik aneinanderschneiden. Die Bilder nähern sich dem an, was Babette – immer im Bild, nie im Off – erzählt, um das Geschilderte ein Stück weit zu begleiten und sich wieder davon zu ent­fernen. So entsteht ein harmonisches Neben­einander, manchmal sogar Miteinander von Dokumentarischem (Babettes Erzählung) und experimenteller Kunst.

Von unten gefilmte, sich drehende Frauen mit Röcken, die sich im Wind bewegen, Blu­menblüten, Großaufnahmen von Fahrten über Erde und Pflanzen, Feuer und Glut. Darin ist Babettes Erzählung eingebettet, die vom Ko­chen auf Feuer in Wohnungen, die eigentlich mit Gasherden ausgerüstet sind, handelt, von der Mentalität der islamischen Bosnierinnen und Bosnier, die so anders als unsere christliche ist und die es ihnen ermöglicht, ihr hartes Schicksal besser zu ertragen, als wir es vermut­lich könnten. Was Babette erzählt, bringt einem ein Stück Leben in Sarajevo viel näher, als es zahlreiche Reportagen vermochten. Die heikle Gratwanderung zwischen der Beschreibung des Kriegs und den Kunstbildern funktioniert, weil als Angelpunkt das Lebendige steht: Die Bosnierinnen und Bosnier behaupten sich in ihrem Leben, um das sie kämpfen müssen. Die experimentellen Bilder zeugen ebenfalls vom Leben: von einem unbeschwerten Leben, das anderswo möglich ist.

Valérie Périllard
ist Volkskundlerin und Regieassistentin in Zürich.
(Stand: 2019)
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