Der Regen perlt über ihr leinwandfüllendes Gesicht, ihr Blick ist starr, ihr Atem bebend. Aus nächster Nähe auf sie gerichtet: die Mündung eines Pistolenlaufs. Der Schuss dringt in ihre Stirn, sic sinkt lautlos im nächtlichen Wald auf das nasse Laub. Ohne Schnitt schiebt sich die Kamera seitwärts in eine Totale, in der die Polizei schon den Tatort abgesteckt hat und unter blinkenden Lichtern Spuren sammelt.
Der 27-jährige Florian Froschmayer kupfert in seinem Erstling unbekümmert die Stilmittel des Flollywoodkinos ab und erzählt mit viel Verve und einer gehörigen Portion (Selbst-) Ironie einen grossen Thriller in kleinem schweizerischen Ambiente. Pascal Wälder - Co-Autor des Films Nacht der Gaukler (1996), an den man sich (auch mit Bezug auf die Entstehungsgeschichte des Films) erinnert fühlt - führte dabei die Kamera. Dass für Froschmayer die Türen der Münchner Filmschule verschlossen blieben, hielt ihn nicht davon ab, «seinen» Film zu drehen, für den er eine ganze Schar Begeisterter und eine Reihe Sponsoren gewinnen konnte. Aus dem fühlbaren Enthusiasmus der Crew ist ein mitreissendes Stück Kino entstanden.
Der eingangs geschilderte Mord ist - selbstredend - ein gefundenes Fressen für die Boulevardmedien - im Film stellvertretend für andere das Skandalblatt Exklusiv und der Privatfernsehsender TeleSwiss. Der Zeitungsjournalist Mike Bärtschi (Martin Rapold) und die VJ Lisa Vogel (Judith Wvprächtiger) berichten je über neuste Entwicklungen und Mutmassungen und geizen nicht mit Enthüllungen und Betroffenheitsberichten. Der Täter ist bald gefunden, doch folgen der Exekution andere mysteriöse Mordfälle. So werden die Frau des Exklusiv-Herausgebers, diejenige des Chefredaktors Micholwsky (Stefan Gubser) sowie dieser selbst Opfer der kaltblütigen Anschläge. Der geheimnisvolle Täter kontaktiert jeweils vorher Bärtschi via Handy und serviert ihm, dem sensationslüsternen Handlanger der Verkaufsquote, das tägliche Brot. So «verbrüdert» sich der Serienkiller mit dem Schreibtischtäter. Als Bärtschi sich aus dem Strudel von Berufsausübung und Mitwisserschaft zu befreien sucht, teilt man ihm das nächste Opfer mit: seine eigene Schwester. Es kommt zur Verfolgungsjagd und zum Showdown. Am nächsten Tag berichtet VJ Vogel vom Grab Bärtschis: eine Skandalnotiz mehr - Business as usual.
Nun schleichen sich in die rasante Geschichte zwar ein paar Ungereimtheiten ein: Die Logik der Geschehnisse und die psychologische Motivation der Figuren kommen hie und da etwas zu kurz. Mitunter erdrückt die Musik mit orchestralem Pathos fast die Story, und etwas arg moralgetränkt wirkt die Mahnpredigt gegen Reality-TV und Schlagzeilenblätter. Doch entlocken die zahlreich gestreuten nationaltvpischcn Reminiszenzen, zu denen die alles andere als sparsam eingesetzten Product Placements gehören, sowie der Einsatz von «Nationalfiguren» wie Beat Schlatter (alias Kommissar Schmidheini) oder Beni Thurnheer (als sich selbst) immer wieder ein Schmunzeln. Dass Autojagden zur Abwechslung nicht in New Yorker Strassenfluchtcn, sondern im Zürcher Milchbucktunnel stattfinden, und der Kommissar die Journalisten in reinstem Zürichdeutsch in den Senkel stellt, sorgt allein durch den Wiedererkennungseffekt für ein amüsantes und parodistisches Unterlaufen des grossen Erzählgestus.