MICHÈLE WANNAZ

LA VIE RÊVÉE DES ANGES (ERICK ZONCA, F 1998)

MOMENTAUFNAHME

Ganz leise hat sie sich eingeschlichen, ohne jede Aufregung, und plötzlich ist sie da: die Freundschaft. Die Freundschaft zwischen zwei Frauen, die dasselbe Schicksal teilen – an den Rand der Gesellschaft gedrängt, von allen herumgeschubst, ständig gedemütigt, arbeits- und heimatlos. Wir wohnen ihm bei, diesem ganz unspektakulären Moment: eine gemeinsame Zigarette, ein Frühstück im Bett, bei dem man sich plötzlich erzählt, was man noch nie jemandem anvertraut hat. Ein paar Blicke, die Vertrautheit bedeuten, ein verstohlenes Grinsen, das seine Freude nicht verstecken kann – die Freude über ein Glück, für das man sich beinahe schämt, weil es sich so gestohlen anfühlt. Wie gestohlen aus einem Leben, das einem eigentlich gar nicht zusteht. Grosse Gefühle, erzählt durch ganz kleine Gesten – das ist es, was diesen Film so bezaubernd, echt und so unendlich anrührend macht. Zumal er von dem wohl Schönsten erzählt, was es gibt: der Freundschaft. Schöner geht’s nicht. Ich versprech’s.

Michèle Wannaz
geb. 1976, studierte Publizistik, Filmwissenschaft und Neuere Deutsche Literatur in Zürich. Sie arbeitet als freie Filmkritikerin und ist Mitglied des Ausschusses für Dokumentarfilm beim Schweizer Bundesamt für Kultur.
(Stand: 2008)
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