CHRISTINA VON LEDEBUR

HARD STOP (SASCHA WEIBEL)

SELECTION CINEMA

Dante wird von seiner Freundin für einen wohlhabenden Mann verlassen. Lautstark und auf offener Strasse lässt er seiner Wut darüber freien Lauf. Das entgeht Rhea nicht, die in einem Café nebenan sitzt. Ohne Skrupel folgt sie Dante in dessen Wohnung und macht ihm ein eindeutiges Angebot: Sex. Der emotional und sexuell ausgehungerte Dante lässt sich zögernd darauf ein. Tags darauf steht Rhea wieder in seiner Wohnung, die beiden haben erneut Sex. Doch bald merkt Dante, dass ihre Treffen ausschliesslich nach Rheas Regeln ablaufen, und es entgeht ihm auch nicht, dass sie die Treffen mitzählt. Was hat es damit auf sich? In die Enge getrieben, gesteht Rhea, dass sie mit einem älteren reichen Man zusammenlebt, der ihr ihre sexuellen Freiheiten zugesteht. Nach zwölf Mal muss Rhea allerdings ihre jeweiligen Beziehungen beenden. Trotz Rheas Vorkehrungen entstehen zwischen ihr und Dante Gefühle, besonders bei Dante. Er will nicht akzeptieren, dass seine und Rheas Tage gezählt sind. Mit Romantik kommt er bei Rhea nicht weit – da dreht er den Spiess um und versucht, Rhea mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.

Hard Stop stammt aus der Feder von Sascha Weibel. Sein Film wurde als Liebesgeschichte angekündigt, ist aber eigentlich gleich von Beginn weg vor allem ein Psychodrama, in dem es um das komplizierte und schmerzhafte Verhältnis von Liebe, Macht und Sex geht. Die Hauptrollen werden von den beiden Jungschauspielern Nina Langensand und Matthias Britschgi gespielt. Die beiden beweisen Mut bei der Rollenwahl: Sie zeigen eindeutig mehr nackte Haut, als üblicherweise im Schweizer Film zu sehen ist. Dante und Rhea haben oft Sex, und dabei wird eine Szene nicht etwa abgekürzt oder mit Musik unterlegt, die Zuschauer schauen ihnen ganz einfach zu beim mal zärtlichen, oft aber rohen oder gar gewalttätigen Sex. Unangenehm ist hier nicht die Nacktheit, die viele Kritiker dazu veranlasst hat, Hard Stop mit dem Label Pornofilm zu versehen. An die Nieren geht vielmehr die gegenseitige Abhängigkeit, in die die beiden Protagonisten geraten. Leider erzählt Weibel seine Geschichte nicht ganz konsequent zu Ende. Als scheue er sich, seinem Psychodrama einen schmerzhaften Schluss zu geben, entscheidet er sich für die Liebesgeschichte mit Happy End, das nicht zu überzeugen vermag.

Hard Stop ist nach Der letzte Sommer (CH 2000) und Leben auf Kredit (CH 2005) der dritte Spielfilm des Basler Filmemachers Sascha Weibel. Weibel ist auch Autor des Drehbuchs von Schattenzug, einem von allen Seiten gelobten Drama über den Amoklauf im Kantonsparlament Zug von 2001. Die Realisierung dieses vielversprechenden Projekts ist auf Eis gelegt, nachdem die Zuger Kantonsregierung intervenierte.

Christina Von Ledebur
*1975, Studium der Romanistik, Anglistik und Filmwissenschaft in Zürich. Film- und Serienredaktorin beim Schweizer Fernsehen.
(Stand: 2020)
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