CHRISTINA VON LEDEBUR

ORO VERDE (MOHAMED SOUDANI)

SELECTION CINEMA

Seit der Ingenieur Mario auf die Strasse gestellt wurde, sucht er fieberhaft nach einer neuen Stelle. Das grosse Haus mit Pool will bezahlt sein und seine Ehefrau Clara will er nicht arbeiten schicken, schliesslich möchte das Paar demnächst ein Pflegekind aufnehmen. Widerwillig nimmt er den Job in einem Callcenter an. Doch der sanftmütige Mittvierziger eignet sich überhaupt nicht dafür, älteren Damen Schönheitsoperationen übers Telefon zu verkaufen, und so ist Mario nach nur zwei Wochen bereits wieder arbeitslos. Da erregt eine Nachricht in der Tagesschau seine Aufmerksamkeit: Die Tessiner Polizei hat am Zoll in Chiasso eine Rekordmenge Cannabis beschlagnahmt, die demnächst verbrannt werden soll. Nach einer kurzen Inspektion des Geländes ist klar: Marios genialer Plan, das Gras gegen Heu einzutauschen und mit Ersterem reich zu werden, bedarf einiger Helfer. Er findet sie im Bestatter Leo, im Tagelöhner Augusto, in seinem ehemaligen Mitarbeiter Ivan und – wenn auch unvorhergesehen – in seiner Frau. Doch das Vorhaben entpuppt sich als schwieriger als gedacht.

Der Tessiner Regisseur Mohammed Soudani ist ursprünglich Kameramann. In jungen Jahren wanderte er aus Algerien in die Schweiz ein und begann hier eigene Filme zu machen. Gleich mit seinem ersten Spielfilm Waalo Fendo – Là où la terre gèle (CH 1997) landete er einen Grosserfolg. Für das Immigrantendrama erhielt er den Schweizer Filmpreis. Es folgten mehrere Dokumentarfilme, zum Beispiel Guerre sans image – Algérie, je sais que tu sais (CH 2002) über den algerischen Bürgerkrieg, der Kinderfilm Lionel (CH 2010) und das Drama Taxiphone – El Mektoub (CH 2010) mit Mona Petri in einer der Hauptrollen.

Mit Oro verde wagt Soudani sich zum ersten Mal ins Komödienfach vor. Die Geschichte ist von einem Ereignis inspiriert, das anfangs dieses Jahrhunderts tatsächlich stattgefunden hat. Soudani machte aus einer Zeitungsmeldung ein Heist-Movie, nur dass hier die Gangster – im Vergleich zu den Genre-Klassikern wie zum Beispiel Oceans’s Eleven (USA 2001) – blutige Anfänger sind. Diesem Umstand entspringt ein Grossteil der Komik von Oro verde. Für den Slapstick sorgt Carlos Leal mit seiner tollpatschigen Figur Augusto. Leal, Leonardo Nigro, Giorgia Würth und die beiden italienischen Schauspieler Ignazio Oliva und Fausto Sciarappa ergeben zusammen ein starkes Schauspielerensemble. Leider kann dieses nicht immer darüber hinwegtäuschen, dass es Oro verde bisweilen an Erzähltempo und Schmiss fehlt.

Christina Von Ledebur
*1975, Studium der Romanistik, Anglistik und Filmwissenschaft in Zürich. Film- und Serienredaktorin beim Schweizer Fernsehen.
(Stand: 2020)
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