Die Kamera schwebt auf Augenhöhe durch gesichtslose Gänge an zahllosen Türen vorbei. In ein grosses, leeres Zimmer werden Tische und Stühle getragen, ein Computer installiert und Papiertüchlein bereitgestellt – für die emotionalen Momente, denn: «geweint wird viel», meint eine Betroffene. In so einem Raum, an so einem Ort finden Anhörungen von Geflüchteten statt, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind und die in letzter Konsequenz über das Leben der Befragten entscheiden – im schlimmsten Fall über Leben und Tod.
Die Anhörung, der dokumentarische Debütlangfilm von Lisa Gerig, macht via Reenactment solche Asylanhörungen öffentlich. Vier Asylbewerber_innen durchspielen ihr ureigenes Anhörungsgespräch, schildern für den Film erneut die Gründe für ihre Flucht. Mit ihnen spielen vier Beamt_innen des SEM (Staatssekretariat für Migration) das Prozedere einer Anhörung durch, wie sie sie tagtäglich durchführen. Für beide Seiten eine Herausforderung: Die Geflüchteten exponieren sich, durchlaufen erneut Traumatisierendes – die SEM-Interviewer_innen legen ihre Befragungspraxis offen und machen sich unweigerlich zur Zielscheibe von Kritik. Das penibel korrekte Vorgehen seitens der Beamt_innen clasht mit der Emotionalität von Menschen, die ihre Erfahrungen und Erinnerungen, ja ihr innerstes Fühlen verbalisieren (müssen) im Hoffen, den ‹richtigen› Ton, die ‹richtigen› Worte zu finden, die ihr Hierbleiben rechtfertigen.
Doch geht es bei Die Anhörung nicht um ein schlichtes Inszenieren von ‹Bittsteller_innen› und Anhörer_innen. Vielmehr bricht der Film diese Schwarzweiss-Polarität, wenn in der Mitte die Rollen vertauscht und Befragte zu Befrager_innen werden und umgekehrt: Die Geflüchteten entlarven mit ihren Fragen die Problematik der Gesprächsführung – die Beamt_innen können Motivation und Beweggründe für ihr Tun offenlegen. Denn trotz regelkonformer Abwicklung wirft das Vorgehen unweigerlich Fragen auf nach dem Umgang mit Asylsuchenden: Mit welchem Recht massen sich Menschen an, über andere Menschen zu urteilen? Und vor allem, wie kann ein so reiches und seit Jahrhunderten in Frieden lebendes Land wie die Schweiz sich erkühnen, über flüchtende Menschen zu urteilen und für sie existenzielle Entscheide zu fällen? Not, Trauma, persönliche Verletzlichkeit suchen nach humanitärer Anteilnahme und treffen auf nüchtern-bürokratische Abläufe.
Die Filmemacherin Lisa Gerig engagiert sich schon seit zehn Jahren im Asylbereich und thematisierte schon in ihrem Kurzfilm Zaungespräche (2015) die hiesige Asylpraxis. In ihrem neusten Werk, für das sie im In- und Ausland bereits viele Auszeichnungen erhielt, gelingt es ihr, ein brisantes Thema in einen nuancierten Kontext zu überführen und eine Diskussion zu eröffnen über Migration und die Angemessenheit von Auswahlverfahren.
Die Anhörung, der dokumentarische Debütlangfilm von Lisa Gerig, macht via Reenactment solche Asylanhörungen öffentlich. Vier Asylbewerber_innen durchspielen ihr ureigenes Anhörungsgespräch, schildern für den Film erneut die Gründe für ihre Flucht. Mit ihnen spielen vier Beamt_innen des SEM (Staatssekretariat für Migration) das Prozedere einer Anhörung durch, wie sie sie tagtäglich durchführen. Für beide Seiten eine Herausforderung: Die Geflüchteten exponieren sich, durchlaufen erneut Traumatisierendes – die SEM-Interviewer_innen legen ihre Befragungspraxis offen und machen sich unweigerlich zur Zielscheibe von Kritik. Das penibel korrekte Vorgehen seitens der Beamt_innen clasht mit der Emotionalität von Menschen, die ihre Erfahrungen und Erinnerungen, ja ihr innerstes Fühlen verbalisieren (müssen) im Hoffen, den ‹richtigen› Ton, die ‹richtigen› Worte zu finden, die ihr Hierbleiben rechtfertigen.
Doch geht es bei Die Anhörung nicht um ein schlichtes Inszenieren von ‹Bittsteller_innen› und Anhörer_innen. Vielmehr bricht der Film diese Schwarzweiss-Polarität, wenn in der Mitte die Rollen vertauscht und Befragte zu Befrager_innen werden und umgekehrt: Die Geflüchteten entlarven mit ihren Fragen die Problematik der Gesprächsführung – die Beamt_innen können Motivation und Beweggründe für ihr Tun offenlegen. Denn trotz regelkonformer Abwicklung wirft das Vorgehen unweigerlich Fragen auf nach dem Umgang mit Asylsuchenden: Mit welchem Recht massen sich Menschen an, über andere Menschen zu urteilen? Und vor allem, wie kann ein so reiches und seit Jahrhunderten in Frieden lebendes Land wie die Schweiz sich erkühnen, über flüchtende Menschen zu urteilen und für sie existenzielle Entscheide zu fällen? Not, Trauma, persönliche Verletzlichkeit suchen nach humanitärer Anteilnahme und treffen auf nüchtern-bürokratische Abläufe.
Die Filmemacherin Lisa Gerig engagiert sich schon seit zehn Jahren im Asylbereich und thematisierte schon in ihrem Kurzfilm Zaungespräche (2015) die hiesige Asylpraxis. In ihrem neusten Werk, für das sie im In- und Ausland bereits viele Auszeichnungen erhielt, gelingt es ihr, ein brisantes Thema in einen nuancierten Kontext zu überführen und eine Diskussion zu eröffnen über Migration und die Angemessenheit von Auswahlverfahren.