HEINI ALPER

BANKOMATT (VILLI HERMANN)

SELECTION CINEMA

Nachdem seine Eltern aus der Emigration nach Italien zurückgegangen sind, lebt der arbeitslose Stefano jetzt allein in der leergeräumten Wohnung und hält sich mit Brieftaschenklauen über Wasser. Zwar möchte auch er fort, und zwar richtig - sein Traumziel ist Neusseland; oder sonst etwas mit „Neu...“. In der Schweiz, in Lugano hält es ihn eigentlich nur wegen seiner Freundin Maria, und Geld um abzuhauen hat er natürlich auch nicht. Der von Sexismus und Gewalt bestimmte Umgang mit seinen Kumpanen nervt ihn jedoch zunehmend, und von dieser Seite naht auch schon bald das Verhängnis: Nachdem sie eine Tankstelle überfallen haben, werden die vier (fast amerikanisch) von der Polizei gejagt, rasen samt Auto in den See und gehen unter, womit im wirklichen Leben die Geschichte wohl zu Ende wäre. Doch im Film fängt sie — als ordentlich spannendes, unterhaltsames Märchen - jetzt erst richtig an, natürlich indem Stefano zuerst einmal als Einziger gerettet wird.

Aus seiner Ohnmacht erwacht, findet er sich wieder im Gemüsetreibhaus von Bruno, einem merkwürdigen Typen, der ihn gerade noch rechtzeitig aus dem Wasser gezogen hat und ihm auch weiter helfen will. Stefanos Vertrauen in seinen Retter ist gering, doch lässt er sich überzeugen, sich nicht der Polizei zu stellen. Schliesslich gelingt es Bruno, für den Einbruch in eine Villa, wo angeblich viel Geld zu holen sei, Stefano und Maria zu gewinnen. In der Villa stellt sich heraus, dass diese Bruno einst gehört hat und es ihm vor allem um Rache am jetzigen Besitzer geht, einem Bankdirektor, für den Bruno wegen eines Finanzskandals im Gefängnis war. Um ans Ziel zu gelangen, müssen die drei schliesslich den Direktor zwingen, mit ihnen zur - sonntagshalber geschlossenen - Bank zu fahren. Dort kommen Stefano und Maria an das Geld und Bruno zu Beweismaterial für die krummen Geschäfte des Bankdirektors. Den beiden Jungen gelingt letztlich - inzwischen ist der Alarm losgegangen - die Flucht, während im Tresorraum zwei Schüsse fallen ...

Bankomatt präsentiert sich als für schweizerische Verhältnisse überraschend professioneller, leichtflüssiger Unterhaltungsfilm, der, ohne zu überbordenden Mitteln zu greifen und ohne die Handlungen an irgendeinen exotischen Schauplatz verlegen zu müssen, mit einer kurzweiligen Inszenierung, guten, oft witzigen (für die Figur des Stefano allerdings gelegentlich zu glatten) Dialogen und überzeugenden Darstellerleistungen ein vergnügliches

Kinoerlebnis bietet. Dass dabei Aspekte wie die Moral gewisser Bankgeschäfte oder die Situation von Emigrantenkindern doch sehr beiläufig durchscheinen, ist eine andere Sache.

Heini Alper
geb. 1946, Mitglied der S-8 Gruppe Zürich und Mitarbeiter verschiedener Filmprojekte, arbeitet in der Dokumentation „Wort“ des Schweizer Fernsehens DRS.
(Stand: 2019)
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