CATHERINE SILBERSCHMIDT

JAPSEN (MUDA MATHIS, PIPILOTTI RIST)

SELECTION CINEMA

Hemmungslos und selbstironisch setzen sich Muda Mathis und Pipilotti Rist in ihrem experimentellen Video mit dem Thema Bewegung auseinander. Ausgehend von Begriffen wie „Liebe“, „Wahn“ und „Hysterie“, als Zwischentitel eingeblendet, demontieren sie genüsslich deren dramatische Gehalte und vermitteln mit verfremdeten Bildern und eigenwilligen Rhythmen ihr eigenes Lebensgefühl. Vertont ist ihr Video mit Musik der Basler Video-Performance-Band „Les reines prochaines“, der sie selber angehören.

Leitmotivisch wiederholen sich Bilder zum Thema Bewegung. Da setzen sich die Regisseurinnen auch mal selber ins Bild - als goldkronengeschmücktes tanzendes Paar. Einer subjektiven Fahrt durch eine Strasse folgen statische Aufnahmen von Hunden, die in Bewegungsabläufe geschnitten werden. Eine Frau mit braunen Stiefeln durchschreitet immer wieder in verschiedenen Richtungen und Distanzen das Bild. Die Stiefel dominieren. Die Kamera bleibt in Bewegung. Etwa wenn sie über eine penetrant grüne Wiese schwenkt. Am linken Bildrand kommen die Beine ins Bild, bleiben jedoch angeschnitten. Ein spielerischer Umgang mit dem engen Videoformat. Es folgt der Blick von oben auf die Beine einer Velofahrerin. „Liebe“ steht eingeblendet auf einem strahlend weissen Gebiss. Hier wird nicht gelitten, sondern gelacht. Die Musik wird tragisch, eine Frau dreht ihren Kopf von einer Seite zur anderen. Das Bild verfärbt sich rot und blau, dazu ein absurder Text. Mittels Zeitlupe und -raffer werden die sich wiederholenden Motive rhythmisiert. Alltägliche Szenen werden dekonstruiert, Körperteile ins Bild gesetzt ohne Fetischisierung. In Japsen gibt es keine vorprogrammierte emotionale Reaktion. Erotik bleibt angedeutet, entsteht durch den Ablauf der Bilder. Das Video schafft Raum, ohne fest umrissene Bedeutungen zu liefern.

Catherine Silberschmidt
ist freie Journalistin in Zürich.
(Stand: 2019)
[© cinemabuch – seit über 60 Jahren mit Beiträgen zum Schweizer Film  ]