WERNER JEHLE

LA RÈGLE DU JEU

ESSAY

Steckbrief

Arbeitstitel: Les Caprices de Marianne, Fair Play, La Chasse en Sologne. Szenario, Adaptation und Dialogue von Jean Renoir, Mitarbeit von Karl Koch. Regieassistenz: Karl Koch, André Zwoboda, Henri Cartier-Bresson. Script: Dido Freire. Technischer Berater für die Jagd: Tony Corteggiani. Dekor: Eugène Lourié, Mithilfe von Max Douy. Kostüme: Coco Chanel. Images: Jean Bachelet. Kameramann: Jacques Lemare. Kamera-Assistenten: Jean-Paul Alphen, Alain Renoir. Fotografie: Sam Levin. Ton: Joseph de Bretagne. Montage: Marguerite Renoir, assistiert von Marthe Huguet. Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, Monsigny, Sallabert, Johann Strauss, Canaille Saint-Saens, Frédéric Chopin, Vincent Scotto.

Drehzeit: 15. Februar bis März 1939. Studio: Joinville. Aussenaufnahmen: La Motte-Beuvron, Château de la Ferté Saint-Aubin, Aubigny, environs de Brinon-sur-Sauldre. Produktion: N. E. F. (Nouvelle Edition Francaise). Produktionsleiter: Claude Renoir. Verleih: N. E. F. (1939), Gau-mont (1949), Les Grands Films Classiques (seit 1965). Original-Länge 113 Min., heutige Länge 112 Min. (3006 m.). Premiere am 7. Juli 1939, Aubert-Palace und Colisée. Reprise der endgültigen Fassung am 23. April 1965, Studio Médicis, Paris.

Rollen: Marcel Dalio (Marquis Robert de la Chesnaye), Nora Grégor (Christine, seine Frau), Roland Toutain (André Jurieu), Jean Renoir (Octave, ein Freund der Chesnayes und jurieus), Mila Paràly (Geneviève de Marrast), Odette Talazac (Charlotte de la Plante), Pierre Magnier (le général), Pierre Nay (M. de Saint-Aubin), Richard Francosur (M. La Bruyère), Ciaire Gérard (Mme La Bruyère), Anne Mayen (Jackie, la niece de Christine), Roger Forster (l’invite effemine), Nicoloas Amato (le Sud-Americain), Tony Corteggiani (Berthelin), paulette Dubost (Lisette, la camériste), Gaston Modot (son mari, Schumacher, le garde-chasse), Julien Carette (Mar-ceau, le braconnier), Eddy Debray (Corneille, le majordome), Léon Larive (le chef-cuisinier), Jenny Helia (la servante), Lise Elina (la radio-reporter), André Zwoboda (l’ingénieur de chez Caudron), Canaille François (le Speaker), Henri Car-tier-Bresson (le domestique anglais).

Die aktuelle Fassung ist Andre Bazin gewidmet. Dem Film ist ein Zitat aus Akt IV, Auftritt X des «Mariage de Figaro» von Beaumarchais vorausgeschickt: «Cœurs sensibles, cœurs fidèles,/ Que blamez l’amour léger,/ Cessez vos plaintes cruelles,/ Est-ce un crime de changer?/ Si l’amour porte des ailes,/ N’est-ce pas pour voltiger?»1

Inhaltsangabe

Renoir erzählt in La Règle du Jeu nicht nur eine Geschichte. Er konstruiert ein Ambiente, in dem sich verschiedene Menschen zum Handeln getrieben sehen. Nach dreiundzwanzig-stündigem Alleinflug über den Atlantik landet Andre Jurieu in Le Bourget, aber die Frau, Christine de la Chesnaye, derentwegen er Lindberghs Leistung unterbieten wollte, ist nicht beim Empfang. Sein Freund Octave vertröstet ihn aber und verschafft ihm eine Einladung zu einer Jagdpartie auf dem Landsitz des Marquis de la Chesnaye. Dort stellt sich heraus, dass Madame vier Liebhaber hat: neben Jurieu ihren eigenen Mann, der sie nicht verlieren will und darum seine Maitresse brüskiert, M. de Saint-Aubin und — uneingestanden — Octave, ihren Jugendfreund. Was sich in den Gemächern der Herrschaften abspielt, findet seine Parallelen im Untergeschoss. Um Lisette, das Kammermädchen, verheiratet mit dem Jagdaufseher Schumacher, wirbt Marceau, ein Herumtreiber und Wilderer, der vom Marquis aus purer Laune zum Lakaien berufen worden ist. So wie Christine durch ein zierliches Fernrohr ihren Mann beim Flirt entdeckt, ertappt Schumacher sein Weib beim Schäkern mit Marceau. Während sich die Jagdgesellschaft beim Kostümball in der Bei Etage vergnügt, und Christine schwankt, mit welchem ihrer Liebhaber sie theatralisch durchbrennen soll, jagt der Jagdaufseher mit der Pistole durchs Office im Souterrain, entschlossen, den Verführer seiner Frau zu töten. Es kreuzen sich die auf zwei gesellschaftlichen Ebenen kulminierenden Handlungen schliesslich in der Sala terrena. Dort prügeln sich Jurieu, Saint-Aubin und der Marquis um Christine. Dort entlässt der Hausherr den aufgebrachten Schumacher. Dort entdeckt Octave seine Gefühle für Christine. Er verabredet sich mit ihr im Garten, schickt aber dann mutlos den stürmischen Helden Jurieu zum nächtlichen Rendez-vous und damit in den Tod. Denn unterdessen hat Christine sich Lisettes Pelerine angezogen. Schumacher, der mit der Flinte im Gebüsch lauert, glaubt, statt der Schlossherrin werde seine Frau entführt. Er trifft den glücklich heraneilenden Jurieu tödlich.

Herkunft

Solche Plots sind aus der Commedia dell’Arte bekannt. Mit ähnlich satirischen Mitteln wurde die feudale Gesellschaft vor der französischen Revolution zu Grabe getragen. Tatsächlich weist Renoir selbst auf solche Quellen seines Films hin. In einem der Arbeitstitel erinnert der «acteur-auteur-realisateur» an seine direkte Vorlage, Alfred de Mussets Les caprices de Marianne (1833). Auch da wirbt ein Octave für seinen Freund (Coelio) um die Gunst der verheirateten Marianne, entdeckt, dass er selbst eine Chance hatte, schickt jedoch seinen Freund zum nächtlichen Stelldichein und damit ins Verderben. Neben Musset ist Pierre de Marivaux zu nennen, in dessen Le jeu de l’amour et du hasard (1730) etwa die Parallelhandlung zwischen Herrschaft und Dienerschaft vorkommt. Dann macht Renoir aufmerksam auf Caron de Beaumarchais, aus dessen La folle journée ou le mariage de Figaro (1785) er im Vorspann zitiert. Als Figaro von 1939 ist deshalb La Règle du Jeu immer wieder bezeichnet worden: «Die Welt von Figaros Hochzeit versank in der grossen Revolution... Dieser Film hat den Blick auf eine untergehende Welt gerichtet; der Blick ist tödlich...»2.

Das Personal

So wie Figaros Hochzeit mit dem Personal der Revolution von 1789 umgeht, kommen in La Règle du Jeu die Protagonisten des sich seit 1938 spätestens abzeichnenden Zweiten Weltkriegs vor. Es ist deshalb sicher richtig, wenn gesagt wird, Renoirs Film kündige die Katastrophe «seismographisch» ans. Die Leute, die Renoir vorstellt, sind international. Das mag zur Gesellschaft passen, die beobachtet wird. Die High Society ist immer kosmopolitisch. Nun sind aber doch einige exemplarische Vertreter der historischen Situation ins Spiel geraten, einer politischen Weltlage, die mit folgenden Daten wenigsten knapp umrissen werden muss: Anschluss Österreichs an Deutschland am 13. März 1938, Konferenz von München am 29. September 1938, Ausschreitungen gegen die Juden in Deutschland am 9. und 10. November 1938, Eroberung von Madrid durch Franco, mit Hilfe von deutschen und italienischen Faschisten am 28. März 1939 (während der Drehzeit). Renoir wählt für die Rolle der österreichischen Dirigententochter Christine die vor den Nazis emigrierte Prinzessin Stahrenberg, Frau des österreichischen Thronaspiranten. Nora Grégor ist ihr Pseudonym. Christines Mann, der Marquis, stammt mütterlicherseits von der Frankfurter Familie Rosenthal ab. Auch wenn die politische Lage der unmittelbaren Vorkriegszeit nie zur Sprache kommt, sind ihre Vertreter in Typen da, auch in der Küche und im Office. Schumacher, der pedantische Jagdaufseher, fühlt sich nicht zuhause unter den lockeren Franzosen. Er träumt vom bald deutschen — Elsass. Sein Gegenspieler ist der bis zur Karikatur stilisierte Marceau, versoffen, witzig und voller Charme, ein Marius-Typ. Da gibt’s auch ein deutschsprechendes Au-pair-Mädchen, einen englischen Diener und hors classe — einen General, der die Szene immer dann befriedigt kommentiert, wenn sie sich als besonders makaber erweist.

Die Spielregel

Es ist klar, Renoir hängt nicht an dieser oder jener literarischen Vorlage. Er studiert die Strukturen verschiedener dramatischer Techniken und legt sie als Grundmuster einer Analyse seiner Zeit zugrunde. «Quand j’ai fait La Règle du Je’ je savais où aller. Je connaissais le mal qui rongeait mes contemporains. Mon instinct me guidait, la conscience du danger me fournissait les situations et les répliques. Et mes camarades étaient comme moi. Comme nous étions in-quiets! Je crois que le film est bon. Mais cela n’est pas tellement difficile de bien travailler quand le compas de l’inquiétude marque la vraie direction»4. Renoir kritisiert die seinerzeit herrschenden Konventionen, die eine realistische Sicht der Welt verbergen. Alles in seinem Film hat seine Regel, alles entwächst gesellschaftlichen Normen. Aber diese Normen sind unmenschlich. Hinter ihnen verbergen sich Verlogenheit, Egoismus, Brutalität, Faschismus. Der Zuschauer wird zwar immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen die Regel gebrochen wird, aber dann gibt es immer wieder Enttäuschung. Der Bruch mit der Regel ist der Schnörkel, der die Regel bestätigt. Der Flieger Jurieu ist ehrlich und gesteht in aller Öffentlichkeit seine Schwächen für Christine ein. Das liesse hoffen, wenn nicht gleichzeitig sein Egoismus wäre, der ihn seinen Freund übersehen lässt. Er versucht, sich umzubringen indem er mit seinem Auto in eine Böschung fährt, und vergisst, dass Octave neben ihm sitzt. Jurieu spielt wie alle anderen eine Rolle, die Rolle des stürmischen Liebhabers. Es gibt tatsächlich in La Règle «nicht eine Person, die zu retten der Mühe wert wäre»5. Genormtes Verhalten wird auf verschiedenen Ebenen abgehandelt. Auf dem Niveau der Herrschaft, auf dem der Dienerschaft und auf dem von Marionetten und mechanischen Puppen aus der Sammlung des Marquis. Grossartig, wie Renoir das vorträgt, mit welcher ironischen Distanz er zum Beispiel zeigt, wie sich de la Chesnaye ins Jacket helfen lässt, wie der Majordome die Lakaien springen lässt, um Autotüren aufzureissen, wie Konversationen laufen, die nichts als sich selbst zum Ziele haben. Da ist zum Beispiel Jacky, die Nichte von Christine (Anne Mayen). Sie wird gefragt, was sie studiere. Sie erklärt, sie befasse sich mit präkolumbischer Kunst. Niemand versteht, was gemeint ist. Jeder findet jedoch, das sei sicher interessant. Bis dann doch jemand nachfragt. Jacky sagt erläuternd, sie studiere die altamerikanischen Kulturen, die Kultur der Indianer, —: «ah, Buffalo Bill», bekommt sie zur Antwort. Im Souterrain spielt die gleiche Art der Konversation. Hier herrscht der Klatsch über die Herrschaft. Der Chauffeur brüstet sich mit dem neuen Delahaye des Meisters. Der Koch seinerseits rühmt die Klasse von Monsieur, weil der nämlich merkt, ob die Kartoffeln für den Kartoffelsalat im heissen Zustand mit Weisswein übergössen worden sind oder nicht. Und neben den Normen, die soziales Verhalten regeln, geht Renoir auch noch I ein auf Gesellschaftspiele, deren Inhalt nur noch die Norm ist. Das geht bis zur Militanz des Jagdrituals, über das festliche Rondo, zum Totentanz.

Schliesslich begleiten den Fluss der Dinge leitmotivisch eingesetzte Requisiten. In «autonomen Einstellungen» wird das mechanische Arsenal von Puppen, Tieren, Orgeln und elektrischem Klavier aus der Sammlung des Marquis an die Gelenkstellen der Handlung gesetzt. Man erinnert sich an Eisensteins Symbolismus aus Oktober. Am Höhepunkt des Jagdfestes im Schloss spielt ein Walzenklavier Camille Saint-Saens’ Danse macabre, und der Schlossherr stellt seine neueste Errungenschaft, ein Orchestrion vor, das — von einer Kugel des rasenden Schumacher getroffen — den Dienst versagt und von der heiteren Jahrmarkt-Melodie zu dumpfen Stampfen übergeht.

Die Architektur

Aber mit dem Aufzählen der parallelen Erzählstränge und der sie begleitenden Symbolik ist Renoirs dramatische Architektur noch lange nicht beschrieben. Sie selbst richtet sich nach theatralischen Mustern. «Diese ganze klassische Dramaturgie, wie sie heutiges Bewusstsein summarisch nennen darf, reflektiert gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen und projiziert sie zugleich, setzt sie nicht nur voraus, sondern installiert sie in einem, reproduziert nicht allein, sondern produziert. Mit anderen Worten: die Dramaturgie ist die Ideologie, die Struktur ist der Inhalt, die Spielregel (des Theaters, des Kinos) ist la règle du jeu»6. Symmetrisch eingebaut in den Handlungsablauf finden sich zwei lange, wichtige Szenen. Am Anfang die Szene der Treibjagd (einer der Arbeitstitel des Films heisst «La chasse en Sologne») und gegen Schluss die Szene des Kostümfestes. Die Jagd kann für sich als beispielhaftes Dokumentarstück stehen. Schumacher führt die weissgewandeten Männer an, die Fasane und Kaninchen vor sich hertreiben, um sie den Jagdgästen vor die Flinte zu schicken. Unheimlich und ähnlich wie der Totentanz, der auf dem Fest am Ende vorgeführt wird, ist der Auftakt zur Jagd, die endet in Purzelbäumen von Hasen, die in vollem Lauf getroffen sind. Das Fest der Verkleidung, mit seinen Tiroler Schuhplattlern, okkulten Balletten und dem um sich schiessenden Schumacher, dessen Raserei eine Zeitlang für die gelungenste Nummer gehalten wird, endet ja mit dem Tod Jurieus. Schumacher erschiesst ihn, als dieser Christine in die Arme rennen will.

Der Erzähler

Welche Rolle spielt Octave in diesem Film? Er ist ja herausgehoben aus allen anderen. Er ist der Erzähler, der Beobachter, der Cherubin (aus Figaros Hochzeit), der Kommentator und Auslöser, derjenige, der Jurieu am Ende in den Tod schickt. Er hat einst Dirigent werden wollen und versagt. Er lebt von der Grosszügigkeit einiger Freunde. Und diese Freunde missbrauchen ihn als Vermittler (man denkt an Losey’s The Go-Between). Er ist insofern eine Figur des epischen Theaters, als er jede Szene einleitet, manchmal so wie jene Erzähler der Commedia dell’Arte, die zwischen Auftritten vors Publikum treten und informieren über das, was «dazwischen» passiert. Es ist einleuchtend, dass Renoir selbst diese Figur spielt, und es ist klar, dass er sie nicht als psychologische meint, sondern als technische. Ihre Gebärden sind überdeutlich, wie in manieristischen Bildern. Das kommt vor allem in den silhouettierten Aufnahmen zur Geltung, die kurz auf den Selbstunfall Jurieus folgen. Die Regie setzt sich nie allein mit der äusseren Handlung auseinander. Sie versucht stets, dem Betrachter ihren Standort klar zu machen.

Technik

Es gibt unter den etwa vierhundert Einstellungen in La Règle einige, die der Rede wert sind. Auffallend ist die Tiefenschärfe in den Interieurs. Da kommt es vor, dass im Vordergrund Leute stehen, in der Mitte wieder und ganz hinten auch: alle räumlich voneinander getrennt und scharf, in ihrer Umgebung zudem keine verzerrten Winkel. Renoir hat spezielle Linsen ausprobiert, um zu solch extremer «Pro-fondeur de champ» zu gelangen. In einer Korridor-Szene auf La Colinieère fährt die Kamera in die Tiefe. Auf dem Gang die einzelnen Grüppchen, die «aufgerollt» werden und räumlich und zeitlich hintereinander abgehen, nach rechts und links durch die Türen zu ihren Schlafzimmern. Die Kamera benimmt sich wie ein unsichtbarer Gast, ein Effekt, der dadurch entsteht, dass keine Schnitte da sind, die Raum zerstückeln würden. Räumliche, architektonische Grenzen markieren das Ende von Fahrten und Schwenks. Die Schnitte decken sich mit diesen Schranken des menschlichen Umraums. Im grossen Festsaal überzieht Renoir den Schwenk und dehnt ihn aus auf über 180 Grad. Die Gemächlichkeit des Objektivs steht dabei im Gegensatz zur turbulenten Szene, Neben diesem Kamerastil fällt Renoirs Regiestil auf. Er lässt Figuren vom Off ins On, vom On ins Off gehen, lässt den Zuschauer einen Moment allein in einem Raum, bis sich da eine neue Attraktion aufbaut. Unkonventionell — wenn man nicht ans russische Kino der zwanziger Jahre dächte — sind Einstellungen, in denen in die Diagonale komponiert wird, Aufnahmen aus extremer Untersicht oder aus der Kavaliersperspektive. Renoir demonstriert einmal im Film, wie bewusst er mit Ausschnitt, Kameraposition, Raum und Zeit umgeht. Christine wird ein winziges Fernrohr in die Hand gedrückt, und sie sieht darin ihren Mann und dessen Maitresse sich umarmen. Sie deutet die Beobachtung falsch, weil ihre Optik «falsch» ist und Distanz überbrückt statt sie zu verdeutlichen. In Wirklichkeit drängt sich die Frau dem Marquis auf, der ihr eben eröffnet hat, er wolle sie nicht mehr sehen.

Renoirs Enttäuschung

Jean Renoir war überzeugt davon, in La Règle du Jeu die Wahrheit über die Menschen seiner Zeit und über die Gesellschaft seiner Epoche gesagt zu haben. Er hatte den Eindruck, eine wahre Geschichte in amüsanter Form erzählt zu haben: «Autrement dit, j’avais l’impression que, si j’em-ployais un fouet, je l’employais un peu en m’amusant, et sans en donner de grands coups à travers la figure des gens»7. Renoir musste erfahren, dass er sich getäuscht hatte, dass die Leute das, was er als «drame gai» angelegt sah, wie «Peitschenschläge» traf. Während der Uraufführung des Films am 7. Juli 1939 wurde gepfiffen und gebuht. Es kam zum Skandal, als ein Zuschauer brennende Zeitungen in den Saal schleuderte. Ausgerechnet der Film, den Renoir mit grössten Ehrgeiz und unter Einsatz eigener Mittel angegangen hatte, wurde total missverstanden oder einfach abgelehnt.

Cinema d’aujourd’hui, Nouvelle Serie — n° 2, Mai-Juni 1975, S. 116 f.

Peter W. Jansen, Die Spielregel in: Filmkritik, März 1968.

Peter W. Jansen, a. a. 0., S. 214.

Andre Bazin, Jean Renoir, Paris 1971, S. 66.

Renoir, nach Peter W. Jansen, a. a. O., S. 214.

Peter W. Jansen, a. a. O., S. 215.

Jean Renoir, Ecrits 1926-1971, Paris 1974, S. 227.

La Règle du Jeu

Werner Jehle propose une lecture systématique du dernier film d’avant-guerre de Renoir. Après avoir donné les dates de production et résumé la trame du film, Jehle évoque les sources littéraires de l’inspiration renoirienne: Commedia dell’arte, Les caprices de Marianne d’Alfred de Musset, Le jeu de l’amour et du hasard de Pierre de Marivaux et La folle journée ou le Mariage de Figaro de Caron de Beaumarchais. La Règle du Jeu est le Figaro de 1939. Les personnages du film ne sont pas purement imaginaires, ils reflètent la situation politique de 1939. La règle du jeu, c’est la convention, la norme, le «style», la «classe» que Renoir met en évidence par des gestes précis, des tirades stéréotypées. Le symbole central de la Règle est le monde des jouets mécaniques du Marquis de la Chesnaye; la catastrophe s’annonce quand Schumacher tire — par hasard — sur l’orchestrion du Marquis.

La fonction symbolique de la chasse, de la danse macabre, du déguisement est évidente. Plus symbolique encore est le personnage d’Octave qui occupe la fonction et la position de Renoir lui-même. Dans un dernier alinéa, Jehle analyse quelques procédés techniques de La Règle, notamment l’utl|]| sation de la profondeur de champ, le panoramique et l’identité de la caméra. L’interprétation revient à 1939 avec la description de l’accueil hostile qu’offrit le public parisien à ce film dans lequel Renoir avait tout investi. (msch)

Werner Jehle
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
[© cinemabuch – seit über 60 Jahren mit Beiträgen zum Schweizer Film  ]